In der Krabbelgruppe nannte man sie aufgeweckt. Zur Zeit höre ich oft, dass meine Zwillinge sehr bewegungsfreudig seien. Nunja es sind keine kleinen stillen Mäuschen. Soviel ist sicher.
Sie können seit einer Weile nun auch auf zwei bzw vier Beinen die Welt unsicher machen und nutzen das aus. Sie sind ständig unterwegs. Prinzessin düst wie ein Duracell-Häschen um den Tisch, durch die Küche, Richtung Sofa, dreimal um den Sessel und wieder von vorne. Irgendwas wird dabei mitgeschleppt und dann irgendwo gut versteckt. Das kann ein Waschlappen oder eine Flasche sein, es scheint ihr egal zu sein.
Hauptsache sie läuft. Läuft weg.
Denn sobald ich sie rufe, lacht sie mich an, dreht sich um und läuft. Sie versteckt sich hinter dem Tisch oder der Tür und lacht sich schlapp. Auch rückwärts laufen gehört mittlerweile zum Repertoire. Fleißig übt sie rennen – wegrennen.
Sonnenschein tapst deutlich langsamer hinterher, hat aber die größere Neugier und stellt im Minutentakt Unsinn an. Sobald ich NEIN sage, ahnt auch Prinzessin, dass es spannend sein könnte, die Schublade zu durchwühlen, die Zimmerpflanze zu zupfen oder die Steckdose zu untersuchen. Es scheint Gesetz zu sein, dass sie immer alles nachmachen muss, was ihrem Bruder gerade verboten wurde.
Nachmachen ist ein tolles Spiel. Sie beobachten sich gegenseitig und natürlich uns Erwachsene. Ich schrubbe die Keksspachtelmasse vom Kinderwagen – Sonnenschein bearbeitet mit der Wurzelbürste sein Bobbycar. Ich putze die Wohnzimmerfenster von außen – die Minis “putzen” synchron von innen die sauberen Fenster mit Sabber nach. Sie ahmen Gesten und Gewohnheiten nach und es gruselt mich schon ein wenig, dass sie ständig “telefonieren”. Sie quatschen fröhlich in einen Gegenstand, der während der Touren durchs Wohnzimmer fest ans Ohr gehalten wird.
Oh Gott, was sagt das über mich aus?
Wir verbringen viel Zeit draußen und selbst die große Rutsche auf dem Spielplatz muss der Sonnenschein versuchen hochzuklettern. Es kann einem schwindelig werden und oft muss ich ziemlich flott sein, um die Abenteurer zu retten. Sie haben eine Menge Schrammen und blauer Flecken. Kommentar bei der U6: “Sieht aus, als würden sie sich viel bewegen und bewegen dürfen.”
Letzte Woche durfte der gleiche Kinderarzt Sonnenscheins erstes echtes tiefblaues Auge bewundern, dass er sich bei einem Stunt in der Dusche zugezogen hatte.
Seit kurzem toben sie regelrecht. Werfen sich aufeinander und kugeln übereinander. Sie fallen sich um den Hals und werfen sich um. Diese überschäumende Energie behalten sie leider nicht für sich. Sie lieben alle anderen Kinder. Die armen.
Da steht dann so ein süßes kleines einjähriges Einzelkind und das Chaos bricht über ihn ein. Ein fröhlich quietschende Prinzessin stürmt los und klatscht ihm freudig mit beiden Patschehänden ins Gesicht. Wums, der Sonnenschein ist angekommen und wirft den unvorbereiteten Wurm um. Spätestens jetzt kämpft in mir der Drang, sie zu bremsen, gegen den Stolz, zwei so fröhliche Energiebündel zu haben.
Sie können aber auch auf ganz klassische Art lieb sein und streicheln gerne. Sie sorgen füreinander und bringen dem anderen Schnuller mit. Prinzessin holt meist beide Trinkflaschen ab und trägt ihrem trinkfaulen Bruder sein Wasser nach. Sie horchen auf, wenn der andere weint und wollen trösten. Verkuschelt waren sie schon immer, aber bei ihrem jetzigen Tempo und Aktionsradius ist es umso großartiger, dass sie ankommen und sich einfach auf den Teppich neben mich legen, um zu kuscheln.
Wir geben sicher einen amüsanten Anblick ab, wenn wir eigentlich gemeinsam zum Auto sollten und ich die Zwerge im Wechsel wieder einfangen muss, aber ich liebe es. Ich habe gerne aufgeweckte und bewegungsfreudige Kinder. Hört auf, das mit hochgezogener Augenbraue zu sagen und seht dieser Lebensfreude einfach mal zu. Genießt es wie ich.