Ich bin mittlerweile seit mehr als zwei Jahren mit den Murmels alleine. Wir haben uns ein schönes neues Zuhause eingerichtet, mit den Murmelgroßeltern und der Besten in unmittelbarer Nähe. Unser Alltag ist zwar hin und wieder recht anstrengend, aber es läuft.
Ich kann (dank einiger Stunden Home Office die Woche) Vollzeit arbeiten. Wir gehen nicht im Chaos unter und haben Zeit für uns. Da es den Murmelpapa im Moment relativ gut geht, haben wir sogar relativ viel Familienzeit.
Eigentlich läuft es richtig gut für uns!
Und trotzdem sind die kleinen fiesen Monster tief in mir drin unzufrieden und hadern mit dem Status quo!
Vergangene Tage habe ich einen Tweet geschrieben, der es im Kern zusammenfasst:
Es ist Rosenmontag. Die Kita schließt bereits um 12.00 Uhr. Der Murmelpapa hat sich bereit erklärt, den Nachmittag zu übernehmen. So kann ich normal arbeiten und ausnahmsweise mal den Kollegen „Vortritt bei den besonderen Tagen“ lassen.
Da ich durch die Kita-Schließzeiten recht unflexibel bin, haben meine Kollegen leider oft das Nachsehen. Ich muss z. B. jeden „Brückentag“ frei nehmen, da die Kita dann zu hat.
Aber zurück zu Rosenmontag: Das Heimkommen war einfach wunderwunderschön <3 Schon draußen im Hof habe ich die Murmels lachen und quietschen gehört. Sie haben nicht gemerkt, dass ich rein gekommen bin. Normalweise stürmen sie mir direkt entgegen „Meine Mama!“ „Nein“ Meine Mama!“… Rosenmontag nicht!
Da ich noch nicht bemerkt wurde, habe ich mich auf Katzenpfötchen ins Wohnzimmer geschlichen, um nachzuschauen, was der Grund der guten Laune ist. Da sie keinen Mittagsschlaf gemacht hatten, war ich eigentlich launenmäßig auf das Schlimmste vorbereitet. Mich erwartete das Gegenteil! Ein Knäuel aus Murmels und Murmelpapa. Lachen, quietschen, kichern, toben, auskillern… So schön!

Meine glückliche kleine Familie! Nach dem ich den Anblick einen Moment genossen habe, habe ich mich in das Getümmel gestürzt und mit getobt. Herrlich!
Ein glücklicher Moment! Und ein trauriger!
Warum mich so was Schönes traurig macht?
Es ist nur eine Momentaufnahme! Am nächsten Tag fährt der Murmelpapa wieder in sein „Zuhause“. Die Murmels und ich, wir bleiben zurück. Ich erkläre zum drölfzigsten Mal, dass der Papa nach D. zu seinem Zuhause muss und dass er uns bald wieder besuchen kommt.
SO WOLLTE ICH DAS NICHT!
Ich wollte eine richtige Familie! Wir hatten Pläne, wir hatten Träume… noch nicht mal irgendwas besonders abgehobenes oder spektakuläres. Einfach nur eine kleine glückliche Familie!
Klar, wir wollten vieles anders machen als unsere Eltern – besser natürlich!
Wir wollten ein Leben auf Augenhöhe. Wir wollten uns alles Teilen und alles gemeinsam machen! Wir wollten so viel und doch so wenig.
Und nun? Nun muss ich meinen Wunschkindern regelmäßig auf’s neue runterbeten „Der Papa ist nach D. zu seinem Zuhause!“ „Der Papa kommt bald* wieder!“ „Der Papa hat Euch trotzdem lieb“ „Der Papa muss sich doch auch um seine Mama und seine Katzen kümmern!“
*) Ich traue mich bis heute sehr sehr selten genau zu sagen, wann der Papa wieder kommt. Eigentlich geht es ihm schon eine ganze Weile verhältnismäßig gut und er kommt regelmäßig. Unterschwellig ist aber noch immer die Angst da, dass er von einem Tag auf den Anderen wieder für ein paar Wochen in der völligen Versenkung verschwindet.
Er liebt seine Kinder und kümmert sich toll um die Beiden. Aktuell haben die Murmels vermutlich auch mehr „Papa-Zeit“ als viele andere Kinder aus klassischen Familienmodellen.
Und trotzdem bleibt diese Angst. Die Angst, dass es ihm wieder schlechter geht. Die Angst, ihn nicht mehr zu erreichen. Die Angst, den Murmels wieder erklären zu müssen, warum der Papa nicht da ist und vermutlich auch so schnell nicht wieder kommt.
Ich hasse es Angst zu haben!
Es geht auch nicht ausschließlich um die Murmels. Es geht auch um uns. Es geht um mich!
Ich schreibe hier von dem Mann, mit dem ich aus Liebe Kinder bekommen habe, den ich aus Liebe geheiratet habe, den Mann, den ich trotz allem LIEBE!
Despressionen sind ein Arschloch! Nein, ich entschuldige mich nicht für die Ausdrucksweise!
Mein Leben ist nicht so negativ wie es hier vielleicht gerade klingt! Im Gegenteil. Wie eingangs geschrieben, geht es uns eigentlich gut und alles läuft weitestgehend prima.
Manchmal kommen nur diese fiesen kleinen Monster, die mir zu flüstern, was wir eigentlich wollten, was hätte sein können und was wir bekommen haben… manchmal kommt mir alles so trost- und ausweglos vor. Und manchmal muss ich diesen kleinen Monstern Redezeit einräumen, damit sie rauskommen und nicht in mir schwelen und wachsen. Sie sollen nicht die Chance bekommen groß zu werden.
So, meine Monster haben sich hier klitzeklein geschimpft und können nun wieder schlafen gehen! Hier übernimmt nun wieder die Murmelmama 🙂 die sich an ihren wundervollen Murmels erfreut!
Ich kann verstehen, wie es sich anfühlt, wenn einem so “einfache, normale” Dinge nicht gegönnt sind.
Nachdem unsere Zwillinge über 3 Monate zu früh gekommen sind, ist unser Alltag von Therapie & Therapeuten geprägt. Beide haben eine Cerebralparese und ob und wie weit sie gedeihen werden, kann uns keiner sagen. Auch weiß ich nicht, ob wir jemals so toben können und “richtige Männertage” machen können. Aktuell können sie mit über einem Jahr noch immer nicht sitzen, geschweige denn krabbeln (der eine robbt) oder laufen.
Ich habe zwar (glaube ich) noch keine Depressionen, aber die Situation ist trotzdem ein Arschloch.
Lieber Marcus,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar!
Wir hatten das große Glück, dass unsere Murmels in der 39. Woche reif geboren sind. Der Junge hatte zwar Startschwierigkeiten, aber die waren schnell behoben und haben keine Nachwirkungen zurück gelassen.
Ich wünsche Euch und Euren Zwergen alles erdenklich Gute! Ich kenne sehr viele Zwillings-Frühchen Geschichten mit Happy End! Kennst Du den Blog http://www.bleibcoolmami.com/ ? Ist bestimmt sehr lesenswert für Dich!
Liebe Grüße Tanja
Ich war über viele Jahre mit “nur” einem Kind allein, aber ohne Unterhaltsunterstützungen und völlig auf die Hilfe der Großeltern und Familie angewiesen. Die Monster im Kopf kenne ich auch alle mit Vornamen… Natürlich gab es viele Gründe, warum die Situation war wie sie war, aber meckern half nicht viel, obwohl ich abends manchmal schon hätte weinen können. Immer waren wir zu zweit, vieles ging nicht, weil ich einen ständigen Organisationsspagat hinlegen musste, aber wir waren und sind trotzdem glücklich. Jetzt ist die Situation anders und ich bin froh um jedes Wochenende “Normalität” und freue mich darauf, dass es bald nicht nur die Wochenenden sein werden. Halt weiter den Kopf über Wasser!
Liebe Grüße von einer mitbetroffenen Einlingsmama