Es war einmal in längst vergangenen Zeiten, da begann meine Urlaubsplanung genau dann, wenn ich Lust auf Urlaub hatte. Ein halbes Jahr im Voraus zu buchen, das wäre für mich nie in Frage gekommen. Wie hätte ich da wissen können, wann ich so richtig urlaubsreif bin und auf was genau ich dann gerade Lust habe? Strand? Berge? Abenteuer? Ruhe?
Gebucht wurde frühstens wenige Wochen vor Abflug/Abfahrt, so war auch die Auftragslage absehbar und alles mit der Selbstständigkeit vereinbar. Im Zweifelsfall fiel der Entschluss auch nur wenige Tage oder Stunden vorher. Gepackt wurde schnell und spontan. Was man vergessen hat, kann man in der Regel auch vor Ort noch kaufen. Und die essentiellen Dinge habe ich nie vergessen.
An was muss man auch schon groß denken, wenn man zu zweit verreist? Reiseunterlagen, Zahnbürste und ein paar frische Schlüpper, Kreditkarte, Handy und das Ladegerät, los geht’s!
Die Herausforderungen des Familien-Urlaubs
Und dann erreichte ich Level 10 auf der nach oben offenen Skala Familien-Urlaub für Anfänger: Osterferien an der Nordsee mit 2 Kleinkindern und Großeltern im Gepäck! Bei so einer Konstellation braucht man sich gar keine Gedanken machen, ob man dann zum entsprechenden Zeitpunkt überhaupt urlaubsreif sein wird. Man ist es.
Es beginnt mit den Vorbereitungen. Ein Jahr im Voraus wird geplant, gesucht, gesichtet und gebucht. Und vor allem werde ich über jeden mich brennend interessierenden Zwischenschritt informiert. Ihr ahnt, hier fahren zwei grundverschiedene Urlaubstypen gemeinsam in den Urlaub. Unwesentliches Konfliktpotential baut sich im Vorfeld schon an der Problematik auf, dass ich außer Stande bin, 12 Wochen vor Abfahrt Details zum Reiseablauf zu erörtern. Es sind aber offensichtlich ganz dringend tiefgreifende Gespräche über die zu erledigenden Einkäufe, mitzuführenden Unterhaltungsmedien, Outdoor-Bekleidungs-Grundausstattung und zwillingstaugliches Spezial-Equipment zu führen.
Mit jeder Woche nimmt der Gesprächsbedarf zu und als ich endlich zwei Wochen vor Urlaubsbeginn auch so langsam beginne, mir grobe Gedanken zu machen, habe ich schon viele Nerven gekostet. Meine eigenen liegen eh schon danieder und man verbreitet, ich habe Schwangerschafts-Laune (übersetzt: hormonbedingte Unleidlichkeit). Dabei habe ich schlicht Urlaubsvorbereitungs-Burnout, bevor ich selbst mit den Urlaubsvorbereitungen begonnen habe.
Vom Wahnsinn des Kofferpackens als Zwillingseltern
Zwei Tage vor der Abreise beginne ich mir genauere Gedanken über die zu packenden Dinge im Großen wie im Kleinen zu machen, denn ich bin ja eine verantwortungsbewusste und vorausschauende Mutter. Nach einer halben Stunde intensiven Gedanken-Machens überlege ich kurzfristig einfach in den Jemen zu fliehen. Irgendwohin, wo es schön ruhig und friedlich ist. Irgendwo, wo ich nicht packen muss. Denn jetzt befällt mich spontan Panik! ARGH!
Ich fahre mit zwei Kleinkindern in den Urlaub! Ich will weglaufen. Und entscheide mich dann doch für vorläufiges stumpfes Ignorieren. Wenigstens die Ostergeschenke wickle ich dekorativ ein und bemerke bei dieser Gelegenheit, dass ich vergessen habe Ostergrußkarten zu kaufen oder zu basteln bzw gar zu schreiben. Aber Morgen ist ja auch noch ein Tag.
Dummerweise ist verdammt schnell morgen. Der Traummann und Zwillingspapa hat schon Urlaub, die Kinder sind bei der Tagesmutter und wir legen los. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil am Packen auf den letzten Drücker: Man hat keine Zeit mehr für unnötige Gedanken und Panikanfälle. Wir packen einfach. Kleidung für viereinhalb Personen, Waschutensilien, Wundcreme, ein Jumbo-Paket Windeln, Mützen, Schals, Jacken, Matschhosen und Mini-Gummistiefel in doppelter Ausführung, Rutscheautos, eine Reisetasche mit Puppen, Büchern, Autos und Malsachen, Zwillingsbuggy, Sandspielzeug, Lebensmittel, … zwischendurch raucht mir der Kopf.
Ich fluche innerlich, dass ich immer noch Babyflaschen für abends und Schnuller für die Nacht einpacken muss und realisiere plötzlich: „Du hast versprochen Pasta-Soße für den ersten Abend vorzukochen!“ Also schalte ich nebenbei meinen Küchen-Kumpel an mit dem Befehl eine Tomaten-Soße zusammenzuköcheln. Überlege, ob ich auch Handtücher und Bettwäsche einpacken muss. Wage aber nicht nachzufragen, da ich sicher weiß, dass mir die entsprechende Information in den letzten Wochen mehrfach mitgeteilt wurde. Ich spiele mit mir eine Runde Stein-Papier-Schere-Echse-Spock, packe Handtücher ein und lasse die Bettwäsche im Schrank.
Der Zwillingspapa kommt nach Hause und mit den Zwergen auf dem Weg noch kurz beide Omas besucht. So erhalte ich dringende Ermahnungen übermittelt, was wir unbedingt noch alles mitnehmen müssten, wenn wir morgen fahren. Ich werfe die Schneeanzüge also ebenfalls in eine Tasche, entscheide mich gegen Handschuhe (die sie eh nicht anlassen) und lasse die mittlerweile zu kleinen Winterstiefel im Schuhschrank.
Ich bräuchte keine Tage wie diesen, um abends wie erschlagen ins Bett zu fallen. Ich bin schwangerschaftsbedingt sowieso extrem müde, aber es geht immer noch ein bisschen müder (alte Zwillingseltern-Weisheit). Also falle ich früh, sehr früh ins Bett.
Countdown zur Abfahrt ins Urlaubsparadies
Am nächsten Morgen beglückwünsche ich uns zur Wahl unseres Automobils vor zwei Jahren, als die Nachricht mit dem doppelten Glück kam. Das kastenförmige Familiengefährt der Kategorie Nutzfahrzeuge schluckt das komplette Gebäck inkl. Zwillingsbuggy, Reisebett-Matratzen, Bobby-Cars und Sandspielzeug. Ich bin beeindruckt, dass der Traummann sogar seine persönlich Challange „die Hutablage bleibt drin“ bestanden hat. Wow.
Der theoretische Plan für die Fahrt lautete: Wir fahren mittags nach dem Essen. Drei Stunden dauert der übliche Mittagsschlaf, drei Stunden dauert laut Dr. Google die Fahrt. So umschiffen wir die Problematik, dass Prinzessin Autofahrten als nicht standesgemäßes Unterhaltungsprogramm eingestuft hat.
Der tatsächliche Reiseverlauf führt uns nach wenigen Kilometern in den ersten von 20 kurzen Staus auf dem Weg zur Küste, während die Zwillinge ausnahmsweise auch mit einer knappen halben Stunde Mittagsschlaf zufrieden sind.
Ich sag’s mal so: Wir sind angekommen. Und ich bin definitiv urlaubsreif.
Eure Kerstin
Ich fühle mich genötigt abschließend zu erwähnen, dass ich meine Familie inkl. der Großeltern der Zwillinge sehr liebe und schätze und mich natürlich auch auf den gemeinsamen Urlaub sehr freue. Grußkarten wird es trotzdem zu Ostern dieses Jahr (mal wieder) tatsächlich keine geben. Ich schiebe es auf die äußeren Umstände mit diesem Reisezeugs und so…