Osterfeiertage an der See, die frische Brise um die Nase wehen und die Seele baumeln lassen. Das klingt doch schwer verlockend. Ist es auch. Kann aber mit Familienanhang eine kleine Herausforderung darstellen. Wir sind Gründonnerstag nach dem Wahnsinn der Urlaubsvorbereitungen bedingt entspannt und zumindest vollzählig im hohen Norden der Republik angekommen.
In einem früheren Leben hätte ich nun mein Koffer abgestellt, mich kurz frisch gemacht und wäre zu einem Erkundungsspaziergang inkl. erstem kleinen Begrüßungsgetränk aufgebrochen. Im Hier und Jetzt laden wir einen Miniatur-LKW mit unserem Hausstand aus, teilen die Erwachsenen in zwei Orga-Einheiten auf und beginnen mit der Arbeit. Die Zwillinge dürfen mit Papa und Opa die Betten beziehen und Koffer auspacken, während die kugelrunde Mutti (also ich) und die Oma den Job bekommen, die Nahrungsmittel zu beschaffen. Einkauf im Supermarkt ist ansich ohne Kleinkind-Begleitung keine große Sache, aber an Anreisetagen vor Feiertagen in großen Ferienregionen kann es schon einmal interessant werden.
Den Supermarkt finden wir schnell, einen Parkplatz eher nicht. Und als wir diesen ergattert haben, müssen wir uns durch einen übervollen niedlichen kleinen Supermarkt drängeln, der neben einem kleinen Lebensmittelsortiment auch diverse Souvenirs feilbietet. Obwohl wir keine Bierkrüge mit Flutmarke erstehen und auch auf die ostfriesische Teemischungen verzichten, werden wir ein kleines Vermögen für unsere 2-Tages-Ration los. Wenigstens kann das Team „Koffer&Betten“ bereits einen erfolgreichen Abschluss seiner Aufgaben vermelden und wir schaffen noch einen Spaziergang an der extrem frischen Brise.
Passend zur fröhlichen Urlaubsstimmung hat der Sonnenschein nun den letzten Krankheitstrend seiner Zwillingsschwester geerbt und das ganze Zahnfleisch voller Pöckchen. Essen will er nicht. Auf keinen Fall. Der arme Kerl hat den ganzen Mund wund. Außerdem macht die Seeluft ganz doll müde, vielleicht liegt es auch am quasi ausgelassenen Mittagsschlaf oder all den Neuigkeiten, es gab jedenfalls schon einmal entspanntere Abende in unserem Haus. Aber das ist ja gerade gar nicht unser Haus.
Never change a sleeping system
Die Zwillinge landen früh im Bett und die Erwachsenen auf dem Sofa. Ich bedauere zutiefst, dass ich mir kein Schnäpschen auf die gelungene Anreise gönnen darf und bin mindestens so müde wie meine Kinder. Die sind allerdings nicht müde genug oder auch zu müde, um die Nacht durchzuschlafen. Wer in einem Glashaus sitzt, sollte nicht mit Elefanten knutschen oder anders ausgedrückt: Wenn deine Kinder das Durchschlafen gerade erst nach so langer Zeit für sich entdeckt haben, riskiere nichts! Keine veränderten Tagesabläufe, keine anderen Betten, keine andere Umgebung!
Den Tipp wollte ich gerade nur mal kurz loswerden. Liest sich toll. Haben wir aber nicht befolgt und Karfreitag begann für mich eben schon um zwei Uhr in der früh. Macht ja nichts. Haben ja Urlaub.
Generell kann ich so einen Familienurlaub aber nur wärmstens empfehlen. Die Zwerge entdecken überall etwas ganz neues: Brötchen holen mit Oma und Opa am Yachthafen (Schiffe!!!), buddeln im Watt (Muscheln!!!), hinfallen im Watt (nass!!! matschig!!!), Strandkörbe, ein wahnsinnig großer Sandkasten mit unermesslichen Ausmaßen, … Und wenn sie nicht gerade halb von der kräftigen Brise davon geweht werden, finden sie das alles großartig. Und wir Zwillingseltern haben, kurz bevor wir die Anzahl der kleinen Familienmitglieder noch einmal erhöhen, hier und da eine kleine Mini-Auszeit, während die Zwillinge mit Opa durchs Watt stapfen.
Der Haushalt verteilt sich auf vier ausgewachsene Teammitglieder statt auf zwei. Das ist fast wie Urlaub!
Urlaubsfeeling zwischen Staubsauger und Wäscheständer
Halt! Stopp! Haushalt und Urlaub?! Das passt so gar nicht zusammen! Zumindest passte das in meinem früheren Leben nicht zusammen. Damals machten wir Urlaub vom Alltag. Das bedeutete nicht nur, dass man nicht arbeiten musste, wir haben auch nicht gekocht oder gar gespült, keine Spül- oder Waschmaschinen beladen und ganz sicher keine Staubsauger bemüht. Betten haben andere gemacht und selbst die Getränke wurden einem in der Regel eingeschenkt und serviert.
Aber in unseren friesischen Realität des Heute müssen wir die Unmengen Sand, die die Familie mit rein trägt inkl. der damit vermischten Kekskrümmel und undefinierbaren Nahrungsreste regelmäßig wegsaugen. Niemand macht unsere Betten und die Zwillinge verlangen identischen Service wie zu Hause. Dieser beinhaltet nicht nur drei Hauptmahlzeiten sondern auch zwei kleine Snacks für zwischendurch und stets frische Getränke. Da scheint es eine logische Folge, dass ich Ostersonntag im Urlaub eine Waschmaschine belade und anstelle. Ich fasse es selber nicht, aber die pragmatische Überlegung ist schlicht: Zu Hause muss ich mindestens eine Maschine am Tag waschen, um der Lage Herr zu bleiben. Wasche ich 7 Tage nicht, dann habe ich im Anschluss ganz feinen Anti-Urlaub.
Wir sitzen hier also ganz idyllisch Ostersonntag im Sonnenschein auf der Terrasse. Die Zwillinge sammeln zum ersten Mal in ihrem Leben Ostereier und Schokohasen im Garten und kommen dabei dem dekorativen Wäscheständer immer mal wieder gefährlich nahe. Die erwachsenen Urlauber stoßen mit Sekt und Saft (ich darf auch echt nichts 🙁 ) auf den Geburtstag des Oberosterhasens und Zwillingspapas an und ich lerne Urlaub neu zu definieren.
Es ist Urlaub vom Alltag, aber eben kein Urlaub von der Familie. Als Familie urlaubt es sich anders. Ich könnte mich daran gewöhnen und habe nach drei Nächten auch Hoffnungen, dass die Zwillinge in der letzten Nacht unseres Urlaubs auch herausgefunden haben, wie man an der Nordseeküste eine ganze Nacht lang nicht die Eltern zu sich zitieren muss. Sie werden nämlich schon wieder ruhiger. Aber pssst! Nicht dass sie sich das wieder anders überlegen!
Frohe Ostern!
Eure Kerstin