Es war ein Foto unter vielen auf diesem Blog – Ende April in einem bebilderten Wochenende. Es zeigte die Füße meiner Kinder. Zwillinge. Zweieiig. Ein Pärchen.
Ziemlich unterschiedlich, oder? – Das fand auch unsere Leserin Silke auf Facebook:
Ist aber doch interessant, wie trotz Zwillingen die Gene unterschiedlich verteilt werden. Sind ja eigentlich auch “nur”Geschwister, mit dem Unterschied, dass sie am selben Tag geboren wurden. Würdest Du denn sagen, dass sie eine engere Bindung zueinander haben, als andere Geschwister(mit geringen Altersunterschied)?
An dem besagten Tag waren meine Antworten recht kurz, doch das Thema ist wirklich sehr spannend. Gestern erst stand ich mit den beiden in der Metzgerei und irgendwann kam die mittlerweile wirklich selten gewordene Frage: „Sind das eigentlich Zwillinge?“
Die Dame hatte wohl lange gegrübelt, bevor sie fragte. „Der Junge sind irgendwie älter aus.“ Ja, sieht er tatsächlich. Er hat viel mehr Haare und ist ein oder sogar zwei Kilo schwerer. Die Prinzessin neben ihm ist ein zartes Püppchen und könnte auch durchaus zwei oder drei Monate jünger sein. Aber sicher keine neun. Da war die Dame beim Metzger nicht die erste verwirrte Passantin.
Wie ähnlich sind sich denn nun (meine) Zwillinge?
Eineiige Zwillinge sehen sich in der Regel zum Verwechseln ähnlich. Oft genug haben sogar enge Verwandte ihre liebe Not sie in jeder Situation spontan zu unterscheiden, denn sie tragen in sich identische Gene. Sie entstanden aus einer Eizelle – ein echtes Doppelpack.
Zweieiige Zwillinge sind theoretisch nur Geschwister, die in der gleichen Schwangerschaft ausgetragen wurden. Sie sind sich genetisch nicht ähnlicher oder fremder als normale Geschwister es eben auch sind. Manchmal bedeutet das eben, dass sie sich sehr ähnlich sehen. Manchmal sind sie wohl auch wie Tag und Nacht.
Sonnenschein und Prinzessin sind zudem noch ein Pärchen. Ein Junge und ein Mädchen und somit ganz offensichtlich nicht zu verwechseln.
Sie sind äußerlich so unterschiedlich:
Sonnenschein ist ein robuster, kerniger kleiner Kerl mit dichtem, leicht lockigem Haar. Er hat breite Hände und noch breitere Füße; er zeigt beim Dauergrinsen eine breite Reihe weißer Zähne und guckt verschmitzt aus seinen großen Kulleraugen.
Prinzessin ist zart. Sie hat trotz Windel “keinen Po in der Hose”. Sie hat schmale Finger und noch schmalere Füße. Auf ihrem Kopf wachsen bisher eher Flusen als Haare und ihre Zähne weisen eine markante Zahnlücke auf, als wolle sie Kate Moss nacheifern. Für Fremde hat sie höchstens einen skeptischen Blick über und hält sich eher hinter ihrem Bruder zurück.
Aber sie sind eben auch Geschwister, die sich dann doch ähneln:
Sie sind beide ziemlich groß für ihr Alter (meist sogar exakt gleich groß) und eher schmal. Sie sind beide blond und haben blaue Augen. Sie bekamen beide verdammt früh und immer zeitgleich ihre Zähnchen. Aber sie stehen eben immer nebeneinander und so fallen die Unterschiede zwischen ihnen mehr ins Auge als die Gemeinsamkeiten.
Sie entwickeln ganz unterschiedliche Stärken und Charakterzüge:
Sonnenschein war immer der zufriedenere. Er lächelt und lacht viel. Er ist offen und quatscht mittlerweile wie ein Wasserfall. Er ist wild und laut. Oft ziemlich grob. Aber er ist eben auch ein Träumer, der wie abwesend wirkt, wenn er etwas beobachtet. Er tüfftelt ausdauernd an irgendwelchen Verschlüssen, bis er sie geöffnet hat. Er bekommt mittlerweile jede Tür, Dose, Flasche, Schnalle, Sicherung auf und weiß bei sämtlichen Geräten, wo und wie man sie anschaltet. Er ist anhänglich und kuschelt wahnsinnig gerne. Er ist sehr sozial und schlägt seiner Schwester nichts ab. Und so langsam steckt er in einer ernsthaften Krise mit seinem eigenen Willen, ist oft Ewigkeiten untröstlich, weil er etwas will und Mama nicht versteht, was er will. Dann ist ihm nichts recht, Sonnenschein findet alles zum Weinen. Ganz aufgelöst. Er ist in der Bilderbuch-Trotzphase angekommen.
Prinzessin forderte von Anfang an ihre Aufmerksamkeit ein. Sie kann schon lange sehr klar ausdrücken, was sie will. Dazu reichten ihr auch Gesten und Blicke, die oft verdammt unmissverständlich bei ihr sind. Und ganz unpassend für ihr Alter. Sie hatte früh alle im Griff. Sie war motorisch immer die schnellere. Mit acht Monaten konnte sie sitzen, krabbeln und stehen. Meist reichte die Kraft ihrer zarten Beine und Arme nur kurz, aber die Technik hatte sie drauf. Heute rennt sie wie ein kleiner Wirbelwind. Sie ist ungeduldig und gibt schnell auf, wenn etwas nicht sofort funktioniert. Dann ruft sie auch gern ihren Bruder zur Hilfe. Sie fremdelte ausgeprägt und ist bis heute sehr skeptisch. Sie muss Fremde immer erst eine Weile mit ihren klugen Augen beobachten, ob sie diese an sich heran lassen kann. Sie möchte immer mithelfen und macht das auch ganz toll. Unsere Prinzessin will vieles alleine machen und kann es oft sogar schon. Sie ist selten so völlig aufgelöst wie ihr Bruder. Irgendwie kann man immer mit ihr reden. Das liest sich komisch, aber sie ist tatsächlich unheimlich verständig für ihr Alter.
Aber sie sind eben auch Geschwister, die sich dann doch ähneln:
Beide lernten früh krabbeln, sitzen oder laufen. Prinzessin immer zu erst, Sonnenschein kurz danach. Beide sprachen früh erste Worte und sprechen heute schon ziemlich gut/viel. Sonnenschein immer etwas früher und etwas mehr, Prinzessin holt rasant auf. Beide sind anderen Kindern gegenüber sehr offen und sozial. Sie teilen ihre Kekse und manchmal sogar ihr Spielzeug.
Zwillinge stehen immer im direkten Vergleich
Ich denke die beiden haben verdammt viele Gemeinsamkeiten, wenn man sie von außen betrachtet. Sie sind Geschwister, die sich sehr ähnlich sind. Im Vergleich zu anderen Kindern zumindest.
Doch ihre Unterschiede springen ins Auge, denn sie stehen ja immer nebeneinander im direkten Vergleich. Sonnenschein wirkt kräftig, weil er neben seiner zarten Schwester steht. Immer. Prinzessin wirkt still, weil ihr Bruder soviel lauter ist. Sonnenschein wirkt motorisch langsam, weil seine Schwester soviel flinker ist. Wären sie mit Altersabstand geboren, dann hätten beide mit rund einem Jahr begonnen zu laufen. Aber sie sind Zwillinge und so lief Prinzessin schon lange vor ihrem Bruder: knapp vier Wochen früher.
Die zweite Frage, die damals unter diesem Facebook-Posting mitschwang – Wie nah stehen sich (zweieiige) Zwillinge nun? – beantworte ich ein anderes Mal. Aber auch dann kann ich es nur für unsere beantworten, denn das ist sicher von Zwillingspaar zu Zwillingspaar völlig unterschiedlich.