Bevor der Krümel kam, habe ich mir so gut wie gar keine Gedanken darüber gemacht, wie das so laufen könnte. Erfahrungsgemäß klappt das nämlich nie so. Also ist die Grübelei völlig verschenkte Energie.
Aber das Aufstehen morgens wollte mir nicht aus dem Kopf. Ich hatte verdammt Respekt davor. Eigentlich hatte ich sogar richtig Horror-Szenarien im Kopf. In meinen Albträumen trafen ein vor Hunger brüllender Säugling, eine hyperaktiv kreischende Prinzessin und ein verschlafen jammernder Sonnenschein auf eine noch handlungsunfähige Mutti. Ich bin morgens eh eine ganz beschissene Besetzung für die Rolle der treusorgenden Mutter. Vor 9 Uhr funktioniert mein Gehirn nur im Notbetrieb und sämtliche Synapsen reagieren massiv zeitverzögert. Hat man drei Kinder, dann funken auch aus mindestens drei Ecken Signale auf einen ein, die mein morgens arg defektes Empfangsgerät nicht dekodieren kann. Das bietet gute Voraussetzungen für Eskalation.
Doch überraschenderweise läuft es halbwegs rund. Ich bin davon selbst extrem überrascht. Seit der Zwillingspapa wieder arbeiten muss, muss ich einfach da durch und irgendwie geht es.
Unsere Nächte sind noch sehr durchwachsen bis suboptimal und auch ziemlich unterschiedlich, daher beginnt mein Tag ebenfalls nicht immer gleich. Entweder weckt mich Krümels Hunger gerade so, dass ich ihn noch im Bett stille und dann mit meinem Mann einen Kaffee trinken kann, bevor er abrauscht zum Geldverdienen; oder der Krümel hängt noch an meiner Brust, während ich die Tür ins Schloss fallen höre. Im Letzteren Fall schlafe ich gerne beim Stillen wieder ein und werde irgendwann vom Krümel oder (wahrscheinlicher) der kreischenden Tochter geweckt. Lieber ist mir die Kaffee-Variante, denn dann bin ich schon etwas fitter, wenn die ersten Forderungen seitens der Zwillinge an meinen Mutterjob gestellt werden.
So oder so: Ich tapse dann meist mit Krümel ins Zwillingskinderzimmer und mache ein kleines Licht an. Ich reiche den Baby-Bruder auf den Befehlston der großen Geschwister hin zum Guten-Morgen-Kuss abholen und schlurfe wieder raus. Die beiden drehen sich noch einmal um und ich mache je nach Laune erst das Baby oder mich fertig. Dafür bleibt mir ein recht eng bemessener Zeitrahmen, aber wer erwartet schon morgens eine perfekt gestylte Baby-Mutter. Irgendwann (nach ca. 60 Sekunden) fordert nämlich Prinzessin ihre Aufmerksamkeit. Ich ziehe sie an und meist gleichzeitig noch den Krümel oder mich, denn fertig waren wir vermutlich noch nicht. Prinzessin hilft und betüttelt ihren kleinen Bruder. Ich halte sie davon ab, ihn mit ihrer Liebe zu erdrücken und versuche die Klamotten für die Tagesmutter in die Rucksäcke zu stopfen.
Währenddessen versucht der Sonnenschein vergeblich sich in seinem Bett unsichtbar zu machen. Der Krümel wird ungemütlich, die Zeit so langsam knapp und ich muss meinen Erstgeborenen aus dem Bett drängeln. Den Morgenmuffel (ganz die Mama) zum Anziehen zu überreden kostet dann noch einmal soviel Zeit wie das ganze bisherige Programm. Vor allem Hosen sind ihm ein Graus. Manchmal kann ich alternativ erfolgreich Jogging-Hosen ans Bein quatschen, manchmal artet es aus. Gerne will er nur etwas von „BeBeBe“ (BvB) anziehen. Da beschränkt sich die Auswahl im Kleiderschrank allerdings auf ein T-Shirt und einen Jogging-Anzug, die natürlich nicht immer frisch gewaschen darin zu finden sind. (Und ich möchte mal wissen, warum das Kind mit 2 Jahren da schon so einen Spleen hat!!! Wer war das? Woher hat es das? Schuldige bitte melden.)
Irgendwann habe ich ihn angezogen und trage zwei meiner drei Kinder die Treppe runter. Um diese Uhrzeit kann der Sonnenschein nämlich auch noch nicht selber gehen. Unter hungrigem Gebrüll aller drei Kinder (der Krümel meckert idR schon länger, den Zwillingen fällt der Hunger immer beim Anblick der Küche plötzlich ein) werfe ich Lebensmittel auf den Tisch und damit den großen zum Fraß vor, während die kleine Fressraupe andockt. Friedlich und harmonisch frühstücken wir vier dann zusammen. Ok, Mutti hockt etwas unbequem mit Baby an der Brust auf der Stuhlkante, aber die restlichen drei Beteiligten sind meist relativ zufrieden.
Wir schaffen es so ohne Nervenzusammenbrüche und größere Verluste pünktlich morgens aus dem Haus. Ich finde es eine großartige Meisterleistung!
Eure Kerstin