Header des neuen Familienblogs nach Relaunch

Warum ich trotzdem stille…

Vorwort:

Ich musste in dieser Überschrift irgendwie das Wörtchen TROTZ unterbringen, denn in diesem Beitrag geht es um meinen Trotz. Meine eigene kleine Trotzphase rund um den mütterlichen Busen, der meine Kinder nährt(e).

Ich leide seit Jahren – böse Zungen würden seit Jahrzehnten sagen – an einer chronischen Puberitis. Ich litt damals zur üblichen Zeit an fiebrig, hitzigen Liebesschwüren, tränenreichem Liebeskummer, anfallartigen Schwärmerein, krankhafter Geschmacksverirrung und hatte stets einen unfassbar riesigen Pickel mitten auf der Nase, wenn irgendwas wichtiges anstand. Also immer.

Ich pubertierte. Laut meiner Mutter sogar sehr intensiv, zickig und laut. Was ich aber dabei vergaß, war die Rebellion. Irgendwie schaffte ich es zwar pickelig, zickig und dauermelancholisch zu sein, aber mir fiel irgendwie nichts ein, wie ich mich hätte auflehnen können. Oder wogegen. Vielleicht war ich auch einfach nur zu faul.

Das Ende vom Lied ist eine verschleppte Puberitis, die immer mal wieder in spontanen Trotzphasen akut wird. Da bin ich dann mal einfach dagegen. Weil wegen isso. Eines dieser Themen, die solche Trotzanfälle bei mir auslösen ist das Stillen.

Fröhlich, unbeschwertes Tandemstillen

Bei den Zwillingen war das noch kein allzu großes Thema. Ich hatte vorher noch keine Blogs und keine Elternratgeber rezipiert. Ich war noch jung und unverdorben. Ich habs halt ausprobieren wollen. Es schien mir eine mögliche Option (von mehreren) und zudem die natürlich ursprünglich einmal vorgesehene. Als es nicht so prompt klappen wollte, packte mich vermutlich der sportliche Ehrgeiz. Mein Umfeld, das mir immer das Gefühl gab, ich könne das schaffen und zeitgleich niemals das Nichtstillen als Nichtschaffen oder gar Versagen darstellte, half wohl auch sehr. Ich stillte meine Zwillinge. Tandem. Fast ein halbes Jahr lang.

Ich stillte nicht gegen meinen Willen oder weil ich mich dazu verpflichtet fühlte, aber ich stillte jetzt auch nicht mit unfassbarer Begeisterung. Tandemstillen ist halt weder besonders bequem noch kuschelig. Irgendwann stillte ich ab, weil für mich der Punkt gekommen war. Fertig. Die Geschichte könnte so langweilig sein.

Vom Druck stillen zu müssen

Mama mit SäuglingDoch dann besuchte ich Babykurse und landete in Mütter-Tratsch-Runden. Ich begann mich für Familienthemen zu interessieren und auch noch an darüber zu bloggen. Ich rutschte in eine Filterbubble, in der Stillen nicht einfach nur Stillen ist. Hier ist Stillen Religion. Frau hat heute zu stillen. Stillen ist die Erfüllung für eine Mutter und schafft die einzigartige Bindung zum Kind, die anders gar nicht entstehen kann. Wer nicht stillt, der scheint sein Kind nicht zu lieben, ist egoistisch, hat sich nicht genug Mühe gegeben. Nicht stillen zu können, ist keine Option. Nicht stillen zu wollen, erst recht keine. Niemals. Punkt.

Diese Dauerberieselung löste bei mir einen pubertären Rückfall aus. Ich spürte eine stetig zunehmende Anti-Haltung, wie sie immer in mir aufkommt, wenn mir jemand zu dogmatisch wird. Wenn mir jemand seinen Weg als den einzig gangbaren aufdrängen will. Ich sag ja, verschleppte Puberitis.

Und dann war ich schwanger mit dem Krümel und überlegte allein aus Prinzip nicht zu stillen. Weil wegen isso.

Der Krümel wuchs in mir heran, der Krümel wurde geboren und der Krümel suchte, saugte, war ein Naturtalent. Anders als seine etwas zarten Geschwister hatte der kleine Kerl es von seiner ersten Lebensminute an drauf. Und ich scheinbar auch. Mein Körper hatte vorsorglich schon in der Schwangerschaft die Produktion wieder hochgefahren.

Da saß ich mit meinem Trotz und tropfender Brust. Mir wurde die Entscheidung abgenommen. Es wäre ziemlich dämlich gewesen, ein ohne meine Mithilfe funktionierendes System abzuwürgen. Da gewann meine Vernunft über den Trotz. Ich fand es auch ziemlich praktisch und merkte schnell, dass stillen zwar auch mit Einling nicht wesentlich romantischer ist, aber man mit diesem stillenderweise sogar hinter zwei Kleinkindern herrennen konnte. Praktisch. Ich machte weiter, weils funktionierte und ich anders als zuvor auch nicht 45min barbusig, unbequem rumsitzen musste. Ich machte weiter, weil ich so bequem war. Ja, bequem. Ich stille heute vermutlich vor allem aus Faulheit.

Ja, stillen ist gesund. Klar. Stillen ist auch günstiger als diese ganze Pulvernahrung. Aber stillen spart vor allem das Flaschen machen, spülen, sterilisieren, mitschleppen. Wenn ich in diesem Chaos hier noch immer an Flaschen denken müsste oder zumindest daran, ob das Baby eventuell während unseres außerhäusigen Aufenthalts hungrig werden würde, das würde mich überfordern. Wenn ich nachts statt vier bis sechs Mal den Arm auszufahren, das Kind ranzuholen und das Shirt zu lüften, Licht machen müsste, um eine Pulle anzurühren. Davor graut mir ein wenig.

So bin ich aber immer ein wenig traurig, wenn bei den Babykursen, die im Allgemeinen von der halbwegs passabel gebildeten Mutter Anfang/Mitte 30 besucht werden, nach und nach alle ihre Brüste auspacken und dann eine Mutter sich windet und sträubt. Dann dem Jammern des Kindes nachgibt und verschämt die Flasche, das Pulver und die Milch herauskramt. Während sie füttert, murmelt sie Entschuldigungen „irgendwie hat es nicht gereicht…“ und ich würde so gerne ganz trotzig, demonstrativ gleiches tun. Nur ohne Scham und ohne Entschuldigung. Geht aber bisher nicht. Ich stille ja.

Alles hat ein (frühes) Ende

Vermutlich kann ich bald über den Artikel schreiben „Warum ich trotzdem stillte“, denn das ganze scheint ein baldiges Verfallsdatum zu haben. Interessanterweise nicht aus Trotz. Sondern einfach aus dem Bauchgefühl heraus, dass es wohl für uns alle am Besten (ja, ihr lest richtig) ist. Krümel muss dann nicht mehr mit der Druckbetankung und dem Überangebot kämpfen, würgen, husten, spucken und ich werde nicht mehr kaputt gebissen. Mein Körper ist dann auch wieder ganz mein Körper, darf sich wieder umstellen und neue Kraft schöpfen, die er dringend braucht für unseren Alltag.

Am Ende entscheidet nämlich nicht die Filterbubble darüber, was für uns richtig ist. Sondern wir.

Ich freue mich darauf, meinem Kind in die Augen zu sehen und es fest im Arm zu halten, wenn ich es füttere. Ich mag das sehr und fand diesen Moment immer wunderschön. Und ich freue mich dem Zwillingspapa zusehen zu dürfen, wenn er endlich auch mal darf/kann.

Eure Kerstin


Nachsatz:

Zwei Texte über den gefühlten Stillzwang, die sich in meinen Kopf gebrannt haben, könnt ihr bei Frische Brise und Nieselpriem nachlesen.

Ich weiß, dass wir Glück haben, dass es bei uns so gut klappte mit der Stillerei und ja, dafür bin ich gebührend dankbar und würde es jeder Mutter von Herzen wünschen, die so gerne würde. Es ist Luxus sich überlegen zu können es zu lassen aus meiner Position heraus.

#wmdedgt Advent Alleinerziehend Alltag Alltagsgeschichten Baby backen Bilder Blog bloggen Blogparade Das erste Jahr DIY Eltern Erziehung Familie Familienalltag Familienblog Familienfeier Familienleben Familienpolitik Familienurlaub Freundschaft Geburt Geburtstag Geschwister Haushalt Inspiration Kinder Kindergarten Kindergeburtstag Kleinkind Kleinkinder Krankheit LebenmitKindern Mama Mamablog nähen Stress Tagebuch Unterwegs mit Kindern Vereinbarkeit Weihnachten Zwillinge Zwillingsschwangerschaft