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Der Himmel tobt und weint, weil er sie so jung nicht haben will!

Es wieder so weit… der schlimmste Tag meines Lebens jährt sich – nun bereits zum 10. Mal.

In Teilen mag dieser Text Euch bekannt vorkommen, da ich auch in den letzten Jahren darüber geschrieben habe. Seid nachsichtig mit mir und nehmt es als Mittel der Trauer-Bewältigung.

Mein Schmerz und meine Trauer haben sich über die Jahre verändert. Es ist nicht mehr diese Wut, die lange Zeit so allgegenwärtig war. Wut auf den Arzt, auf das Krankenhaus, wie das Krankenhaus mit meinen Eltern umgegangen ist, auf mich selber, wie Menschen uns gegenüber reagiert haben. Es ist auch nicht mehr dieser permanente Kloß im Hals. Es ist nicht mehr dieses Gefühl, beim bloßen Gedanken an sie in Tränen auszubrechen… und trotzdem ist das Vermissen omnipräsent. Vielleicht, weil unsere Verbindung so eng und so stark war, weil ihre Spuren sich auch zehn Jahre später noch durch meinen Alltag ziehen. Weil wir so viele Gemeinsamkeiten hatten. Vielleicht ist gar nicht das Vermissen allgegenwärtig… vielleicht ist meine Schwester einfach noch immer allgegenwärtig. Sie ist da, wenn ich Musik höre, lese, Tatort gucke, nähe, Essen koche, wenn ich in das Gesicht meiner wunderschönen Tochter schaue… in so vielen alltäglichen Dingen. Wir mochten größtenteils die gleiche Musik, wir haben die gleichen Bücher gelesen, meine Nähmaschinen gehörten mal ihr usw. usf.

10 Jahre sind eine Ewigkeit – das ist doppelt so lang, wie mein bisheriges Mama sein. Und doch sind 10 Jahre nur ein Wimpernschlag.

5 Jahre Mama sein, fühlen sich an, als ob es schon immer so war. Das Leben davor ist eine blasse Erinnerung.

10 Jahre ohne meine Schwester sind ein Wimpernschlag, als ob sie gleich wieder vor mir stehen könnte.

Die Zeit zwischen (kurz vor) Weihnachten und dem 18. Januar ist nach wie vor eine schwere und emotionsgeladene Zeit für mich. Eine Zeit, in der das Vermissen besonders schwer wiegt. Wir haben (bis auf eine Ausnahme) immer zusammen Weihnachten gefeiert – also 30 mal! Silvester haben wir auch sehr oft zusammen gefeiert. Am 2. Januar ist ihr Geburtstag. Ein Tag, den wir auch eigentlich immer zusammen verbracht haben. Am 2. Januar Geburtstag haben ist nämlich echt doof. Da mag keiner mehr feiern. Alle haben in den Wochen davor genug gefeiert, gegessen, getrunken oder sind noch verkatert von Silvester. Wenn man am 2. Januar Geburtstag hat, kommen eigentlich nur die, denen man wirklich besonders am Herzen liegt bzw. die, die sich dazu verpflichtet fühlen. Aber dafür bekommt am 2. Januar überdurchschnittlich oft ein eigenes Feuerwerk. 🙂

In diesem Jahr war ich am 2. Januar bei meiner lieben Freundin und hiesigen Gastgeberin Kerstin. Es war schon ein wenig komisch, da mehr als die Hälfte des Weges identisch ist, mit dem Weg zu meiner Schwester, aber zwei freudig überdrehte 4jährige auf der Rückbank haben mich wunderbar abgelenkt. Es gab noch eine zweite Situation, die getriggert hat. Kerstin hat das Buch im Regal stehen, das ich meiner Schwester 10 Jahre zuvor zu ihrem 45. und letzten Geburtstag geschenkt haben. Ein Titel, der sich eingebrannt hat: „Schwestermord“. Ich habe das Buch, ihr Buch, bei mir zu Hause im Regal stehen. Der Buchtitel triggert aus zwei Gründen. Erstens war es – wie bereits geschrieben – ihr letztes Geburtstagsgeschenk und zweitens haben mich nach ihrem Tod große Vorwürfe gequält. Sie starb bei einer Magenspiegelung, zu der ich (und unsere Familie und ihre Freunde) sie bequatscht haben. Wichtig ist dabei nur „Ich habe sie dazu bequatscht und dann war sie tot!“ Schuldgefühle! Was wäre wenn? Hätte hätte Fahrradkette… Die Untersuchung war wichtig und notwendig. Rein verstandsmäßig würde ich immer wieder genauso argumentieren, wie ich es vor zehn Jahren tat. Und trotzdem nagt irgendwo tief in mir noch immer die Schuldfrage und dieses Buch, dieser Buchtitel triggert diese Frage immer wieder an. Ich setze mich regelmäßig mit ihr auseinander und komme regelmäßig zum selben Ergebnis. Und trotzdem bleibt das Gefühl der Schuld.

Dann ist da noch 17. Januar. Den 17. Januar kann ich – ähnlich wie den 18. und 19. Januar 2007 – noch immer sehr chronologisch runter rattern… Es gibt Tage, die brennen sich ein und die vergisst man nie nie wieder. Diese gehören dazu.

Am 17. Januar 2007 habe ich meine Schwester zum letzten Mal lebend gesehen und ich hatte das erste Date mit meinem heutigen Ehemann und Vater meiner Kinder. Ein Tag der Zerrissenheit. Mein Mann und meine Schwester sind sich nie begegnet und dennoch durch diesen Tag untrennbar miteinander verbunden… Nach der Arbeit bin ich zu meiner Schwester nach Hause gefahren, um schon mal meine Sachen dort zu deponieren, da ich dort übernachten wollte. Die größte Sorge meiner Schwester war es, dass sie nicht aufgeräumt und das Bett nicht frisch bezogen hat, bevor sie wieder ins Krankenhaus gegangen ist. Schrecklich, schließlich wollte ich doch (und hab ich auch) in dem Bett schlafen… Und es ist ja nicht so, dass wir früher ständig zusammen in ihrem Bett rumgelümmelt haben… sonntags morgens zum lesen, sonntags abends zum Tatort gucken… Von dort bin ich mit meinem kleinen Neffen, der Freundin meines großen Neffen und deren Tochter – also Enkeltochter meiner Schwester – dann ins Krankenhaus gefahren. Der Himmel zog sich bereits zu und man erahnte schon das für den nächsten Tag angekündigte Unwetter. Wir unterhielten uns über Belanglosigkeiten und alberten herum. Mein Neffe äußerte zur allgemeinen Verwunderung, dass er überlege vielleicht doch Abi zu machen. Ich werde nie die Worte vergessen, mit denen sich mein Neffe (15) am Fahrstuhl von seiner Mutter verabschiedete „Ich wünsche Dir eine gute Nacht und schöne Träume. Ich habe Dich lieb!“ Worte, die ich jeden Abend zu meinen Kindern sage… wenn sie bei ihrem Papa übernachten, schicke ich sie ihnen per Sprachnachricht. Keiner ahnte, dass dies seine letzte Worte zu ihr sein würden. Es sind schöne letzte Worte. An meine eigenen kann ich mich ehrlich gesagt gar nicht so genau erinnern. Vermutlich irgendwelche Abschiedsfloskeln und dass sie sich melden soll, wenn sie nach der Magenspiegelung wieder auf ihrem Zimmer ist. Sie kam nicht wieder auf ihr Zimmer. Sie kam vom OP direkt in die Gerichtsmedizin…

Ihre Schwiegertochter setze mich auf dem Rückweg dann vor dem Pub ab, in dem ich mit dem süßen Typen aus unserer IT verabredet war.

Der Himmel hatte mittlerweile seine Schleusen geöffnet.

Am nächsten Morgen wachte ich im Bett meiner Schwester auf. Ich kochte ihrem Sohn Tee und weckte ihn. Da es in strömen regnete, brachte ich ihn vor der Arbeit noch zur Schule. Zwei Stunden später rief mich mein mittlerster Bruder auf der Arbeit an… Worte, die noch heute in meinem Kopf klingeln. „Unsere Schwester ist verstorben!“

Und wieder fließen die Tränen und wieder frage ich mich, ob es jemals aufhören wird?! Und wieder ich bin ich dankbar, wenn diese schweren erinnerungsträchtigen Tage vorbei sind und ich bis Dezember nur mit dem normalen omnipräsenten Vermissen leben muss.

Das Unwetter, dass an diesem Tag über uns hinweg zog war Kyrill. Ein Sturm, wie ihn das Ruhrgebiet lange nicht erlebt hatte. Meine Cousine schrieb mir an jenem Tag „Das ist kein Sturm. Das ist der Himmel, der tobt und weint, weil er sie so jung nicht haben will!“

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