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Blogparade Familie und Beruf | Mamablog

Die klassische Rollenverteilung: Warum stehe ich hier?

Bei einem meiner letzten Beiträge habe ich am Rande die Frage gestreift, warum ausgerechnet gut ausgebildete Frauen so häufig kinderlos bleiben bzw blieben. Diese Frage ist für mich aus persönlichen Gründen noch diesen weiteren Beitrag wert. Also:

Wer gut ausgebildet ist, der hat in aller Regel auch den Wunsch, aus seiner guten Ausbildung beruflich etwas zu machen. Viele Frauen sind extrem kompetent und selbstbewusst, sind gerne berufstätig und finanziell unabhängig. Durchaus auch in einer gleichberechtigten Partnerschaft. Wir sind schließlich alle emanzipiert.

Und dann stellt sich die Kinderfrage. Und nicht wenige Frauen (immerhin ein gutes Viertel der Akademikerinnen) fällt die Entscheidung für Kinder nicht leicht.* Denn die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nicht einfach. Plätze in guten KiTas sind teuer und rar. Kinder sind ein finanzielles Risiko, denn sie bedeuten höhere Kosten und ein geringeres Einkommen.

Es droht der Rückfall in das klassische Rollenbild. Auf einmal ist nichts mehr mit moderner, gleichberechtigter Partnerschaft, denn am Ende schultern meist die Mütter den großen Teil dieser Vereinbarkeitsgeschichte. Sie sind es im Regelfall, die beruflich zurückstecken, kürzertreten, weniger arbeiten, weniger verdienen, die dauerhaft schlechtere Aufstiegschancen haben und denen am Ende noch die Altersarmut droht. Denn der Mann verdient meist mehr. (Warum nur?)**


Zum Weiterlesen: Ein interessanter Artikel, warum sich Frauen gegen Kinder entscheiden auf zeit.de:
“Kinderwunsch: Gute Gründe gegen Kinder”


Ich kenne diese Ängste, diese Gedanken, diese Gründe. Ich wollte (trotzdem) Kindern und wir waren gemeinsam überzeugt, dass wir das schon wuppen werden. Heute bin ich unendlich glücklich, dass wir drei so wundervolle Kinder haben. Und ich stecke mit einem Fuß im klassischen Rollenbild fest.

Ich bin da, wo ich nie hinwollte. Warum?

Die Ausgangssituation

Ein Paar. Beide berufstätig. Er ist fest angestellt. Vollzeit.

Sie arbeitet freiberuflich. Viel im HomeOffice. Oft deutschlandweit unterwegs. Theoretisch Vollzeit, praktisch eher mehr.

Das Einkommen ist in der Höhe schwer zu vergleichen, weist aber unter dem Strich keine wahnsinnigen Gefälle auf. Einzig ist ihr Einkommen teilweise sehr schwankend. Da gibt es mal viele Aufträge und mal weniger, mal werden Rechnungen schnell bezahlt und mal rennt man ewig hinterher.

Der Kinderwunsch

Seit Ewigkeiten liiert und auch schon eine Weile verheiratet, gab es immer den theoretischen Gedanken, einmal Kinder zu wollen. Aber bei ihr immer auch die große Angst, was dann aus ihrer Berufstätigkeit würde.


Ich liebe meinen Beruf. Ich liebe es zu arbeiten. Es schien immer unvorstellbar, nicht (mehr) zu arbeiten.


Er konnte sich hingegen durchaus vorstellen, auch beruflich kürzer zu treten. An entsprechenden Rollenvorbildern mangelte es in diesem Fall sicher nicht.

Die Entscheidung

Im Sommer 2012 sprachen wir über das Kinder-Ding. Sollten wir es nicht mal drauf ankommen lassen?

Die Zögerliche war ich. Ich machte mir Sorgen. Sorgen, nicht mehr so weiter arbeiten zu können, den Anschluss zu verlieren, keine Aufträge mehr zu bekommen, Beruf und Familie nicht vereinbaren zu können, meine Arbeit zu verlieren.

Ja, ich wollte Kinder. Aber ich hatte Angst.

Der Traummann war überzeugt, dass wir das schaffen. Dass wir Varianten finden und dass ich sowieso so gut in meinem Job sei, dass ich immer wieder etwas finden würde, selbst wenn ich zwischendurch ausfallen sollte.

Denn als es kurz darauf soweit war, (das doppelte Glück lies sich nicht zweimal bitten – oder auch doch) mussten wir uns in Sachen Elternzeit entscheiden.

Er nahm die beinahe obligatorischen zwei Monate ergänzt um einen weiteren Monat Urlaub. Den Rest (14 Monate – Zwillinge und so) nahm ich. Warum?

Sein Einkommen war fix. Seine Stelle sicher. Auf diesen Betrag auf unserem Konto konnten wir uns verlassen.

Mein Einkommen war schwer zu kalkulieren und noch wichtiger: Hey! Ich arbeitete im Home Office. Ich war meine eigene Chefin. Meine Arbeit konnte ich mir selber einteilen, ich konnte wann immer und wo auch immer arbeiten. Der Traum vieler Eltern.

Der Gedanke lag nahe, dass ich so die theoretische Möglichkeit hatte, “einfach” weiter zu arbeiten. Erst weniger und dann stetig mehr.

Es lag also ausnahmsweise mal nicht am höheren Einkommen des Mannes, dass wir uns für die zwei-Väter-Monate-Variante entschieden. Das Ergebnis war trotzdem das Gleiche.

Was dann geschah?

Ich arbeitete bis wenige Tage vor der Geburt. Wenn auch nur noch wenige Stunden im Liegen. Ich machte auch im Wochenbett das nötigste, war für meine Kunden erreichbar. Ich begann recht schnell wieder beratend zu arbeiten und nahm die Zwillinge auch mit vier Monaten zu einem ersten Geschäftstermin quer durch die Republik mit. Eigentlich lief es großartig und ich nahm ganz selbstbewusst meine Stillbabys zu Terminen mit, plante Video-Konferenzen in die Schlafenszeiten und tippte mit Laptop auf den Knien an der Krabbeldecke sitzend.

Aber es wurde immer schwieriger. Teilweise lag das daran, dass sich Babys irgendwann anfangen zu bewegen und aufhören den halben Tag zu verschlafen, dass Kinder mehr Aufmerksamkeit brauchen, dass ein drittes Kind dazu kam.


Anmerkung:
Beim Krümel wurden es wieder nur zwei Monate Elternzeit, denn unsere Rücklagen aus der Zeit des Überflusses als double income no kids waren aufgebraucht, die Fixkosten als Familie höher, mein Einkommen als Mutter geringer,…


Teilweise aber auch an sowas wie mangelnder Disziplin. Wobei dieses Wort hier schwierig ist.

Wir hatten schwierige Zeiten. Mit viel Krankheit und viel Schlafmangel. Ich kann immer und überall arbeiten. Ich kann auch morgen arbeiten. Wenn ein Kind krank ist, dann bleibt es (bei Mama) zu Hause. Die arbeitet entweder nebenbei oder eben morgen. Wenn die Zeiten schwierig sind, dann kann ich flexibel das Arbeitspensum runterschrauben.

Vielleicht habe ich zu lange die falschen Prioritäten gesetzt (falsch ist hier sehr relativ, denn es ging hier um “für die Kinder da sein”), vielleicht hätte ich mehr über mich hinauswachsen müssen, vielleicht einfach knallhart etwas durchziehen müssen. Andere schaffen das doch auch?

Aber mir fällt es bei einigen Dingen schwer, produktiv zu arbeiten, wenn ich parallel die Kinder beaufsichtige. Ich schaffe es nicht, hochkonzentriert ganz in das Thema einzutauchen, wenn alle zehn Minuten zwanzig Warum-Fragen meinen Flow unterbrechen.  Abends bin ich zu müde, um noch ausgedehnte Spätschichten einzulegen.

Nein, ich muss hier nicht die ganze Care-Arbeit alleine leisten. Der Traummann ist das, was man so einen involvierten Vater schimpft. Er ist mehr als das. Er übernimmt ganz selbstverständlich alle Aufgaben hier zu Hause mit. Er fragt nie, was noch zu erledigen wäre, stellt unaufgefordert eine Maschine Wäsche an, putzt Fenster, fährt mit drei Kindern einkaufen, macht halt, was man so macht. Unaufgeregt. Debatten gab es dazu bei uns nie.

Und nun?

Ich bin unzufrieden.  Ich bin heute da, wo ich nicht hinwollte.

Heute ist wenig über von meiner Freiberuflichkeit. Ich bin in der Situation, vor der ich immer Angst hatte. Ich sitze zu Hause als Mutter dreier Kindern.

Nein, ich bin keine Vollzeit-Mama aus dem Bilderbuch, denn ich arbeite weiter. Ich habe nie vollständig aufgehört. Aber irgendwie fühlt es sich für mich persönlich so an, dass ich in den Bereich des “ich arbeite halt so ein paar Stunden am Tag, wie es eben passt, damit ich noch was anderes habe” gekommen bin. Arbeit als Zeitvertreibt. Selbstverwirklichung einer Mutti. Das mag nur mein persönliches Empfinden sein, aber es stört mich.

Ich möchte wieder mehr arbeiten. Mehr Geld verdienen. Größere Projekte stemmen. Mehr gefordert werden. Mehr lernen. Kollegen haben, mit Erwachsenen über ganz erwachsene Themen diskurrieren. Ich möchte mehr von der berufstätigen Kerstin neben der Mutter Kerstin.

Die Lösung

Für mich – für uns – ist klar, dass sich etwas ändern muss.

Und da sind wir auch wieder beim letzten Beitrag und dem Podcast, daraus zitiere ich mal frei den Doc:

Wenn du unzufrieden bist, dann fuck Rahmenbedingungen! Mach aus deinem Leben selber was. Ändere was!

Oder so ähnlich…

Unsere Rahmenbedingungen sind nicht übel:

Ja, ich bin Mutter. Aber meine drei Kinder haben auch einen Vater, der gerne Vater ist und der sich unsere aktuelle Rollenverteilung auch nicht als dauerhafte Wunschlösung ausgesucht hätte.

Die Zeiten der außergewöhnlichen Belastung sind vorbei. Krümel ist zwei Jahre alt. Die Eingewöhnung bei der Tagesmutter hat ewig gebraucht, aber auch das ist vorüber. Die Zwillinge fühlen sich im Kindergarten wohl und für den kleinen Bruder ist der Platz schon sicher. Eine engagierte Familie und einen tollen, hilfsbereiten Freundeskreis haben wir auch im Hintergrund. Wir sind da übrigens extrem luxuriös aufgestellt.

Ich ändere was. Wir ändern was. Theoretisch gibt es mehrere Möglichkeiten. Die eine wäre, meine Selbstständigkeit wieder hochzufahren, Prioritäten anders zu setzen. Dann gäbe es noch den Spuck in meinem Kopf, doch nochmal (Informatik) zu studieren, weil wegen hab ich Lust drauf. Und nicht zuletzt die klassische Festanstellung.

Ich weiß noch nicht, wie das am Ende ausgehen wird, aber ich strecke mal meine Fühler aus. Lese Stellenangebote und informiere mich. Ich habe verdammt Lust endlich wieder so richtig, richtig zu arbeiten. Eigentlich am liebsten jetzt sofort.


* Darüber hinaus gibt es natürlich auch weitere Gründe für Kinderlosigkeit, die nicht unbedingt die eigene Entscheidung sind, wie der leider unerfüllte Kinderwunsch.

**Ja, das ist polemisch und verkürzt. Isso.


Blogparade:

Der Plan und die Realität – Familie und Beruf

Wie sieht das bei euch aus? Habt ihr euch vorher Gedanken gemacht, wie dieses Familien-Arbeit-Vereinbarkeits-Ding laufen wird?

Und lief es dann auch so? Oder kam doch alles ganz anders und überhaupt nicht so, wie geplant?

Seid ihr glücklich mit dieser Entwicklung?

Ich freue mich über eure Beiträge und werde sie selbstverständlich auch gerne teilen. Tragt euch doch bitte bis Ende September in die Linkliste ein.

Eure Kerstin

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