Was mich am Kindergarten nervt? Nein, das sind nicht die Schimpfworte, die unsere Kinder nach Hause bringen. Die sind zwar äußert unfein, aber naja… das ist so. Da findet man Wege, damit umzugehen.
Das ist der Sohn, der unbedingt Nagellack wollte und am nächsten Tag in unbedingt ab haben will, weil die Kinder im Kindergarten gesagt haben, das sei nur was für Mädchen. Das sind die angeblich nur für Mädchen oder nur für Jungs reservierten Farben. Das ist der dümmliche Gedanke, dass Puppen nur etwas für Mädchen seien und Autos nur etwas für Jungs.
Dass Jungs kurze und Mädchen bitte lange Haare haben sollten, dass nur Mädchen Kleider tragen dürfen.
Mädchen dürfen alles sein! Jungs aber auch!
Und wenn man so alles sieht, was angeblich nur für Jungs ist und angeblich nur für Mädchen, dann haben es die Jungs gefühlt noch schwerer. Mädchen dürfen Jungskram machen. Dann sind sie cool. Das sind besonders starke Mädchen, die genauso gut klettern wie Jungs, die genauso wild sind wie Jungs. Es wird selten abgewertet, wenn ein Mädchen mal nicht so typisch Mädchen ist. Das ist dann ok. Mädchen dürfen Jeans und Sweater zu kurzem Haar tragen. Mädchen dürfen blau toll finden.
Jungs mit Nagellack oder langen Haaren? Jungs mit Kleidern oder einer Puppe unter dem Arm? Jungs in rosa? Das geht gar nicht!
Doch! Das geht!
Zwillinge: Junge & Mädchen
Natürlich haben die Zwillinge auch schon Vorlieben gehabt, bevor sie in den Kindergarten kamen. Einige entsprachen durchaus dem typischen Klischee für ihr Geschlecht. Aber nach zwei Jahren Kindergarten werde ich oft noch so wütend, wenn hier der Spruch kommt “aber das ist doch nur für Mädchen/Jungs!”. Nein, das ist Spielzeug für Kinder und genau für die Kinder, die damit gerne spielen wollen. Das sind Farben für Kindern, die genau diese Farben mögen. Wie lange kann ich noch dagegen halten und es ihnen immer wieder sagen? Wie lange glauben mir meine Kinder noch, dass es ok ist, wenn sie etwas mögen, was angeblich nicht zu ihrem Geschlecht passt?
Der Sonnenschein mag Dinos, Roboter und Raketen. Er malt tolle Züge und seine Lieblingsfarbe ist rot. Er findet Nagellack schick, Glitzer und Pailletten toll und Jeans-Hosen doof. Er fährt gerne Fahrrad und findet Fußball langweilig. Ballett würde er gerne machen.
AnzeigePrinzessin mag Pferde und Einhörner, findet Puppen fad, ihre Lieblingsfarbe ist lila und Hauptsache es glitzert. Nagellack ist super. Sie findet Fußball toll und hört in Endlosschleife Hörspiele. Malt gerne, klettert wie ein kleines Äffchen und will unbedingt reiten lernen.
Krümel liebt seinen Puppenkrümel und nimmt zum Kuscheln ein Polizeiauto mit ins Bett. Er findet Lippenstift spannend und malt sehr gerne. Er ist der wildeste Fahrradfahrer und dribbelt mit dem Fußball als klebe der am Fuß fest. Er trägt gerne Zöpfchen und Haarspangen, ist großer Bibi & Tina – Fan.
Klingt nach ganz normalen Kindern, oder?
Dieser Beitrag ist bei genauerem Hinsehen – wie so viele Texte auf Mamablogs – nicht ganz unpolitisch. Letzteres trifft es nicht ganz.
Denn ja, das ist hochpolitisch und daher ein Teil des Lautwerdens von Elternblogs.
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Ich habe Wünsche
Ich wünsche mir, dass wir alle unseren Kindern diese Schranken nehmen. Je mehr Kinder damit aufwachsen, dass sie nicht genau deswegen etwas dürfen oder mögen müssen, weil sie ein Junge oder ein Mädchen sind, desto besser. Desto weniger Druck lastet auf den Kindern, die eigentlich frei von diesen Schranken denken wollen, doch das nötige dicke Fell dafür nicht haben.
Ich wünsche mir, dass “wie ein Mädchen” aus dem Sprachschatz verschwindet. Zum einen, weil Jungs eben auch sein dürfen, wie sie wollen. Und zum anderen (oder vor allem), weil mich das massiv stört, welche Abwertung dahinter steckt. “Wie ein Mädchen” ist ein Ausdruck für Schwäche. Laufen wie ein Mädchen, werfen wie ein Mädchen, weinen wie ein Mädchen. Mädchen sind nicht schwach oder schwächer als Jungs. Und Schwäche ist gleichzeitig nichts negatives. Wir dürfen alle mal schwach sein, Schwächen haben. Jungs dürfen weinen. Mamas dürfen weinen. Mädchen dürfen weinen. Und ich werfe übrigens unterirdisch mies.
Kindererziehung ist Zukunftsgestaltung
Wir wünschen uns, das unsere Kinder selbstbewusst und emanzipierte Erwachsene werden. Sie sollen Berufe ergreifen, die ihren Interessen und Talenten entsprechen – nicht ihrem Geschlecht. Wir Eltern wünschen uns für uns Gleichberechtigung, gleiche Bezahlung im Beruf und eine faire Verteilung der Care-Arbeit. Wir wollen doch alle raus aus unseren Rollenbildern und Familie/Beruf so leben, wie es für uns und unsere Familie passt. Wieso müssen dann die Kinder mit geschlechtsspezifischen Spielzeug und gegendertem Mineralwasser für Pinzessinnen und Autofans aufwachsen?
Wie sollen Kinder, die nur aus blauen oder nur aus rosa Wasserflaschen trinken, weil die einen nur für Mädchen und die einen nur für Jungs sind, am Ende frei ihren Beruf und frei ihr Lebensmodell wählen? Wie sollen sie dann hinterher Berufe nicht als klassische Männerberufe und typische Frauenberufe sehen? Sie werfen dann doch als Erwachsene nicht plötzlich alle Rollenklischees ab.
Jungs spielen nur mit Autos und tragen blaue Klamotten. Sie sind gut im Laufen und können ganz toll Mathematik. Sie werden Baggerführer oder Programmierer, leiten Unternehmen und sind dann später der Ernährer ihrer Familie, die sie nie sehen.
Mädchen tragen Kleider und spielen mit Puppen. Sie können ganz toll Malen und schreiben in Schönschrift Aufsätze. Sie werden Friseurin oder Erzierhin, arbeiten vielleicht in Teilzeit als Kinderkrankenschwester und kümmern sich ansonsten liebevoll um ihren Nachwuchs.
*würg* Entschuldigung. Geht gleich wieder…
NEIN! Geht nicht! Sorry
Eure Kerstin
Zwischen “ich schreibe hitzigen diesen Beitrag als Entwurf” und “ich lese ihn nochmal durch, um ihn zu formatieren” lag ein ganz toller Beitrag von Sarah, den ich euch sehr ans Herz lege. Als Mama dreier Töchter kamen ihr die gleichen bzw sehr ähnliche Gedanken wie mir:
Wo bleiben die Jungs zwischen Räubertöchtern und Elsa-Glitzer?
P.S.: Und trotzdem dürfen Mädchen gerne Kleider tragen und Kinderkrankenschwester ist ein toller Beruf. Natürlich dürfen Jungs gerne Programmierer werden und viel Geld verdienen. Aber bitte niemals weil sie ein Mädchen/Junge sind. Das ist einfach kein Argument.