Ich will mich ja nicht selber loben. Wer macht das schon gerne? Eigenlob stinkt und gehört sich nicht, brachte man mir bei.
Vielleicht bräuchte ich mich gar nicht selber zu loben, ich müsste nur mal denen zuhören, die das für mich machen.
Ich bin Zwillingsmutter und aktuell drehe ich Tag für Tag meine Runden im Hamsterrad. Ich strampel, ich rotiere, ich mühe mich ab und schaffe nichts. Der erste Advent ist vorbei und die Adventsdekoration weist eklatante Lücken auf. Ich habe bisher nicht einmal die Fenster geputzt. Eine gute Hausfrau putzt die Fenster, bevor sie diese dekoriert! Aber ausgerechnet die Fenster im Kinderzimmer sind noch völlig kahl und leer; und man kann zwischen den ganzen schmierigen Fingerabdrücken prima den Garten sehen.
Ich würde gerne Adventsgebäck produzieren, denn ich liebe es zu backen. Ich wollte eine Mütze für Eva häkeln, Nikolausstiefel für meine Kinder nähen, einen Loop für meinen kleinen, großen Bruder, die unbewältigten Wäscheberge stressen mich und da sind noch die Weihnachtskarten, die gebastelt werden müssten. Mein Büro bräuchte dringend einen direkten Kontakt mit dem Staubsauger und vor allem meine Anwesenheit. Ohje, die Zwerge sind ständig krank und ich arbeite viel zu wenig. Das geht gar nicht. So unbefriedigend, wenn man seine Arbeit nicht erledigt bekommt und und und…
Ich bekomme Schnappatmung.
Wie soll ich das jemals alles schaffen? Wieso schaffen das alle anderen? Wieso ich nicht? Was mache ich falsch?
An dieser Stelle haben wir eine völlig deprimierte, ja in Tränen aufgelöste, leicht hysterische Kerstin vor Augen. Und dann sagt eine Stimme aus dem Off: “Du bist bekloppt.”
Nettes Kompliment, mein Traummann hat dafür echt ein Talent. Ganz trocken erklärt er mir, ich sei doch doof. Ich würde die ganze Situation völlig falsch einschätzen und setzt zu einer Flut von Argumenten an, warum ich eigentlich eine ganz tolle Frau bin und nur vom Abkämpfen an viel zu hohen Ansprüchen zu beschäftigt, es zu merken. Also mache ich wohl doch mit bei der Blogparade des Eigenlobs.
Denn ich rocke! Ich rocke verdammt hart!

- Ich bin Mama. Eine ganz tolle Mama. Ich bin Zwillingsmutter und das alleine jagt anderen oft schon Respekt ein. Mir hat es das nie. Ich habe mich von der ersten Minute an auf die Zwillinge gefreut und ich mache das großartig. Ich lasse die beiden einfach so perfekt sein, wie sie sind und bewundere sie dabei.
- Ich habe eine nahezu unerschöpfliche Geduld (mit den Kindern, niemals mit mir). Ich freue mich, dass der Weg zum Auto jeden Tag erneut total spannend für die beiden ist. Ja, wir brauchen 30min einmal um die Hausecke rum, aber ich bin so eine tolle Mutter, dass ich einfach 40min früher losgehe und überall überpünktlich aufschlage.
- Ich lasse die Zwerge die Welt in ihrem Tempo entdecken und wenn das bedeutet, dass sie mit 10 Monaten unbedingt ihre eigene Gabel haben wollen, dann lasse ich sie. Ich sehe mir seit Monaten an, wie sie anneine essen und freue mich, dass mittlerweile der überwiegende Teil der Nahrungsmittel tatsächlich seinen Weg in den Mund findet. Klar, ich bin bewaffnet und mache durchaus auch vom gefürchteten Waschlappen Gebrauch, aber etwas Zugeständnisse braucht es.
- Ich erkläre jeden Tag aufs neue, dass Steckdosen tabu sind und man auf dem Sofa nicht hüpft, dass nicht jede Schublade zwingend leer geräumt werden muss und Wundcrème kein Nahrungsmittel ist. Ich gebe dabei wohl manchmal ein amüsantes Bild ab, aber mir ist das egal.
- Ich nehme die Zwerge und ihre Wünsche ernst und wenn statt des Brotes ein Appel gewünscht ist, schäle ich ihn. Ich hole die gewünschte Nane und backe morgens um kurz vor sieben Pancakes, wenn Müsli doof ist.
- Ich baue selber wahnsinnig gerne und ausdauernd Duplo, lese vor und kann meinen Stolz kaum verbergen, dass Sonnenschein mittlerweile sein Lieblingsbuch “mitspricht” und die Prinzessin die wildeste und flinkste Klettermaus nördlich der Alpen sein muss.
- Meine Kinder tragen neue selbstgenähte Mützen, es ist bei uns bis auf verstreutes Kinderspielzeug immer aufgeräumt, ich schaffe es irgendwie auch noch zu arbeiten und bin trotzdem immer dabei, wenn sich spontan jemand mit uns auf dem Spielplatz treffen möchte.
- Ich habe gelernt, Hilfe anzunehmen. Und noch viel wichtiger und für mich ein riesiger Schritt: Ich habe gelernt, um Hilfe zu bitten. Fast manchmal ab und an ohne schlechtes Gewissen.
Ich bin dankbar, dass ich einen Mitbewohner habe, der mir das hin und wieder ganz deutlich sagt. Für mich ist vieles einfach selbstverständlich und ich sehe meist nur die Dinge, die ich nicht erledigt habe, obwohl ich wollte… Ja, Super-Mutti rockt! Und diesen Advent rocke ich gemeinsam mit zwei zuckersüßen Kleinkindern und einem Traummann. Und nur ganz vielleicht werde ich noch backen oder basteln oder nähen oder… 😉
Eure Kerstin
Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Selbsthilfe-Therapie für überforderte Mütter erkälteter und niemals durchschlafender Kleinkinder in doppelter Ausführung. Die (Selbst-)Therapeutin bittet um Nachsicht bei der Lektüre. Übertriebendes Eigenlob ist wichtiger Bestandteil der Aufbau-Maßnahme!
Übrigens, die Welt ist voller Super-Muttis, die Respekt und Anerkennung verdienen:
- Ich bewundere die alleinerziehende Mama, die keine Auszeit hat, weil niemand nach Hause kommt, ihre Kinder bespaßt und ihr sagt, dass sie eine wahnsinnig tolle Frau ist.
- Ich bewundere die selbständige Mama, die nach ungeplanter Schwangerschaft noch im Krankenhaus E-Mails beantwortet und jeden Tag ganz selbstverständlich ihr Baby mit zur Arbeit nimmt, den ganzen Arbeitsalltag um das Kind herum bastelt.
- Ich bewundere die Frühchen-Mama, die nach einer komplizierten Schwangerschaft, einer plötzlichen Geburt und extrem schwierigen ersten Monaten ganz selbstverständlich und optimistisch mit ihrem Kind die Wunder des Lebens entdeckt.
- Ich bewundere die Baby-Mama, deren Familienplanung vielleicht schon längst abgeschlossen war nach den großen Kindern. Und die nun plötzlich im Alltag Pubertät, Schulalltag, 300 Kinderhobbys und Baby-Alarm gleichzeitig koordinieren muss.
Ich bewundere euch alle und habe wahnsinnig Respekt, wie toll ihr dieses Mama-Ding rockt.

Ein ganz toller Bericht darüber, was wir tollen Mütter doch jeden Tag so leisten.. Klasse
Danke für diesen schönen Beitrag! In meiner Ausbildung wurde mir mal gesagt: Pädagogen (egal ob Erzieher oder Leherer oder Eltern oder …) loben sich viel zu selten! Dadurch werden sie unzufrieden im Job und bauen an Selbstbewusstein ab. Eigenlob ist prima und gehört dazu. Nur so lernen wir uns selbst zu lieben und können diese Selbstliebe auch anderen Menschen zu Gute kommen lassen.
Ich habe heute morgen auch einen Berg an unerledigter Wäsche und eine latent unordentliche Wohnung vorgefunden. Dafür habe ich aber gestern bis Nachmittag gearbeitet und dann bis abends mit den Kindern Plätzchen gebacken und andere Leckereien gezaubert. Lieber ein paar unerledigte Dinge im Haushalt als vertagte Wohlfühlzeit mit den Kindern 🙂
Das ist ein wirklich schöner Gedanke!
Ich wünsche dir und deiner Familie einen entspanntes Adventswochenende. Ohne Wäschestress und Haushalt (oder nur in minimaler Dosis) dafür mit leckeren Plätzchen und viel gemeinsamer Zeit!
Liebe Kerstin,
ich bin auch “eine von denen” die beim Wort Zwillingsmama zuckt und überlegt, wie viel anstrengender das so ist. 🙂 Aber ich freue mich zu lesen, dass du damit gut zurecht kommst. Ich glaube, solange man alles phasenweise betrachtet klappt alles. 🙂
Ich hatte übrigens schwer Hoffnung auf eine Häkelmütze, aber nächstes Jahr reicht mir auch. Erstmal Mama Eva, dann deine Kids und alles andere. Wenn du dich dann allzusehr langweilst (pfff, als täten wir das je), dann denk an mich. 🙂
Liebe Grüße,
Andrea
Liebe Andrea,
ich plane für 2015 notfalls eine Angestellte einzustellen, um ein Twitter-Häkel-Mützen-Imperium aufzubauen.
Und wenn das nichts wird, lerne ich 2025 meine Kinder an.
Aber ganz sicher wünsche ich dir heute einen besinnlichen zumindest fröhlichen 2. Advent!
Kerstin
Also nein, so war das natürlich nicht gemeint. Da kam mein Humor wohl nicht so richtig rüber.
Aber, den Kindern das Häkeln beibringen, DAS kann ich nur unterstützen. Bei mir wurde es versäumt, deswegen muss ich ja jetzt auch im Internet danach fragen. 🙂
Ironie ergibt sich aus der Schriftsprache leider nicht so gut. Ich hatte es vergessen. 🙁
Meine Antwort war auch eher ironisch, übertrieben. 😛
Nähen haben wir in der Grundschule gelernt, an der Maschine im Internet. Als Jugendlicher versuchte Mama mir häkeln beizubringen, Oma das Stricken. Erfolglos. Ich war unmotiviert.
Ebenfalls erst als Erwachsene mit Hilfe des Netzes gelernt. Das ist auch schon fast Ironie.
Ich(34) bin alleinerziehende Muttervon drei Kindern(6,7u 11j)zur, hab ende Juli meine Prüfung zur Raumausstatterin, nach 3 jahren Ausbildung, erfolgreich bestanden! Ich hatte zwar schon eine Ausbildung aber es sollte das Richtige sein, ich wäre in der Bäckerei verkümmert, zumal es selbst im Verkauf keine optimalen Arbeitszeiten gibt! Ich hab keinen Partner, wahrscheinlich weil ich immer so im Stress bin! Es ist ok, man gewöhnt sich dran……nur will ich das? Nein! Zur zeit stehen Kinder u. Job im Fordergrund. Das schlimmste ist das die Zeit praktisch wegläuft, ein Atemzug und mein Tag ist schon wieder Nachts, der Hund muss noch einmal runter und ich ins Bett! Ich hab oft das Gefühl ich bekomm nix hin ausser zu arbeiten und Zuhause am Krückstock zu gehen!
Stolz zu zeigen trotz Kraftlosigkeit gelingt mir nicht soooo oft, weil ich das “jetzt” sehe. Und das “Jetzt” sieht “alleine” aus wie die letzten 3 Jahre auch!
Ich wünsche euch einen schönen 2. Advent
M.C.
Du schaffst eine Menge und das ganz allein. Und ich bin mir ganz sicher, du machst das großartig! Du kannst stolz auf dich sein. Nimm dir dafür die Zeit.
Ich habe einen heiden Respekt vor allen Alleinerziehenden. Es ist so schwierig ohne Partner im Team.
Von Herzen einen schönen 2. Advent!
Kerstin
Was ein witziger, ehrlicher und charmanter Text!!!
Und Hut ab – du rockst so was von!!!