Heute mal wieder ein Text aus meiner Lieblingsrubrik #wmdedgt. Denn wir haben den 5. Dezember und an jedem 5. interessiert sich Frau Brüllen immer brennend dafür, was man denn eigentlich so den ganzen Tag treibt.
Ich bin stets bemüht, dies zu beantworten, aber die letzten beiden Male fielen wieder aus. Der Oktober hätte kurzgefasst irgendwas tränenreiches mit “Kerstin versucht in der Neurologie aufgenommen zu werden und schafft es am Ende dann auch” beschrieben und was habe ich eigentlich im November getrieben? – Ich weiß es spontan nicht einmal mehr. Nun sei es drum:
Protokoll eines Tages im Dezember 2017
01:00 Uhr // Sonnenschein ruft (im Schlaf), der Traummann schnarcht und so sehe ich nach, was den Sohnemann beschäftigt. Er ist nicht wach und so decke ich ihn wieder zu, streichel über den Kopf und falle wieder in meinen komatösen Schlaf.
05:30 Uhr // Ich brauche eine Weile, bis ich bemerke, dass der meckernde Typ neben mir im Bett nicht mein Mann ist sondern der kleine Riesenkrümel. Wie kommt der denn dahin?
“Auslafen hat.” Ich gebe ihm eine Nuckelpulle mit Wasser, drehe mich um und weise das mit dem Ausgeschlafensein weit von mir.
05:50 Uhr // “Unna dehn! Nies lafen!” grummel Ich werde niemals nie eine Frühaufsteherin werden. Niemals. Aber ich muss und packe den Jüngsten, trage ihn auf das Sofa, um dort weiterzukuscheln.
06:30 Uhr // Ich überlege nun schon zehn Minuten, ob ich eine gute Mutter bin und endlich vom Sofa zur sicherlich acht Meter entfernten Küche watschle. Aber ich muss es wohl sein, denn ich werfe den Backofen an, um Brötchen aufzubacken. Die sind nämlich viel angesagter gerade als schnödes Brot.
07:00 Uhr // Krümel und ich haben Brötchen geschmiert, auf dem Teller drapiert, in Dosen verteilt, Obst geschnippelt, Eier und Kaffee gekocht, den Frühstückstisch gedeckt und mindestens die Hälfte der verwendeten Lebensmittel zwischenzeitlich gefuttert. Letzteres geht aber weniger auf mein Konto. Eher gar nicht.
Ich bin aber diejenige, welche jetzt zum Wecken der Großen aufruft. Kurzer Stopp im Bad und ich höre den Krümel im Zimmer der Geschwister “Tühtück fertich! Auslafen hat! Unna dehn!”.
Meine Tochter kommt nach mir und findet ihren Bruder viel zu wach für die Tageszeit. Der Sonnenschein stürmt ins Bad, um mir zu verkünden, er müsse schon die ganze Nacht aufs Klo und ich solle zusehen, dass ich darunter käme.
07:20 Uhr // Ich bin gewaschen und angezogen, der Krümel ebenfalls, die Zwillinge wünschen Im Schlafanzug zu frühstücken. Das machen wir dann auch.
07:45 Uhr // Es wird Zeit. Ich habe heute einen frühen Arzttermin und vorher drehe ich zum ersten Mal seit über zwei Monaten die Kinderwegbringrunde höchst persönlich selbst.
Also Mutti Make-Up ins Gesicht geklatscht, allen die Zähne geputzt und ungewöhnlicherweise finden die Großen gleich Kleidungsstücke, die ihnen spontan zusagen und angezogen werden. Nur Krümel will heute keine Jacke anziehen. Lieber will er “Lippenpifft!” und ist sehr sauer, dass er meinen nicht haben darf.
08:20 Uhr // Wir schlagen am Kindergarten auf, die Großen ziehen sich unfassbar vorbildlich selbst aus – nicht ohne jeder Erzieherin die neuste Mütze zu präsentieren – und der Krümel verschwindet auf dem Bauteppich. Dort will er auch nicht weg. Muss er aber.
Im Rausgehen spreche ich mit der Gruppenleiterin kurz über den Gangsterrapperslang des Großen. Leider saugt er alles auf wie ein Schwamm und so langsam haben wir ein Niveau erreicht, dass das Vokabular des Vierjährigen auf den Index müsste. Mit Kackapups und Pipikopf käme ich klar, aber es geht um ganz andere Kaliber, die uns zu Hause ratlos gucken lassen.
Ich habe ja damit gerechnet, dass die Kinder aus dem Kindergarten Bazillen und interessantes Vokabular anschleppen. Aber jetzt lebe ich mit dem Schleimmonster Rotzilla und einem vierjährigen Gangsterrapper zusammen.
— Kerstin Neumann (@chaoshoch2) December 4, 2017
Das Gespräch verläuft so angenehm wie es bei einem solchen Thema verlaufen kann und wir eilen von dannen.
08:50 Uhr // Krümel findet, dass er heute nicht unbedingt zu Tagesmutter müsste, lässt sich aber dann doch schnell überzeugen und ich düse weiter.
09:10 Uhr // Stau auf der Autobahn, einen Kilometer vor uns ein Auffahrunfall und mitten drin ein Schwerlaststransport, dessen Spurwechsel interessant verlaufen. Kurz darauf eine Straßensperrung und nach Umfahren derselbigen eine nette Baustelle mit Totalsperrung. Es läuft.
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09:45 Uhr // Ich hätte eine Viertelstunde früher da sein müssen, hocke mich aber nun ins Wartezimmer des Neurologen.
Hatte ich mich noch vor drei Stunden geärgert, nicht meine Haare gewaschen zu haben, beglückwünsche ich mich nun dazu und sitze mit vielen lustigen Kabeln an den Schädel geklebt eine ganze Weile in diversen Untersuchungszimmern rum. Aber die Ergebnisse sind gut. Es wird.
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12:15 Uhr // Ich komme endlich wieder zu Hause an. Ich habe Hunger und großen Kaffeedurst. Die Küche sieht aus, als habe hier gerade jemand Frühstück für zwanzig Personen zubereitet und anschließend eine kleine Schlacht mit Schoko-Hafer-Flakes veranstaltet (Krümel wollte den Tisch abräumen und eine gute Mutter lässt das kompetente Kind gewähren.)
Ich koche Kaffee und in mir gehrt das schlechte Gewissen. Ich hätte heute sehr, sehr viele Punkte auf meiner Liste. Einige davon sind ziemlich überfällig und manche sind aus der Kategorie Freundschaftsdienste. Ich werde das heute nicht alles schaffen. Maximal einen Bruchteil und am liebsten wäre mir gerade das Sofa. Ich fühle mich ziemlich doof und versuche dem Gewissen den Mund zu verbieten.
13:15 Uhr // Meine Mutter bietet mir an, die Kinder abzuholen und verschafft mir so 45 Minuten mehr Zeit. Ich bin unendlich dankbar und habe wenigstens schon einmal diesen Blogpost begonnen und dabei in RUHE! einen Kaffee getrunken. Oder eher drei.
13:45 Uhr // Es sind neue E-Mails angekommen und in meinem Kopf herrscht das absolute Chaos. Ich verliere habe absolut den Faden verloren, was ich jetzt nun wie erledige. Und wann. Und wie das mit den Prioritäten aussieht. Was ist denn nun wirklich heute noch unbedingt notwendig und wie schön wäre doch jetzt ein Platz auf dem Sofa?
Ich mache zwischendurch eine Maschine Wäsche an. Es ist schlicht notwendig. Außerdem ist eine Verlosung überfällig und werfe die virtuelle Lostrommel für das Infomaterial zu den KINDERRECHTEN an (Schade, dass so ein zentrales Thema auf weniger Interesse stößt als Näh-Content, aber so ist es eben), E-Mail schreiben, Kleinkram erledigen,…
14:30 Uhr // Ich beeile mich und räume endlich das Frühstücksgeschirr weg, die Spülmaschine ein und die Küche auf. Kekse auf den Teller, Schorle gemischt, Becher und Tassen auf den Tisch, die Kaffeemaschine brodelt bereits wieder.
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15:05 Uhr // Die Kinder schlagen gemeinsam mit Oma auf. Bester Laune! Ist ja nicht immer so nach dem Kindergarten.
Wir trinken Kaffee und Schorle, naschen Kekse und quatschen. Meine Mama düst weiter und die Kinder wollen erstmal Weihnachtslieder singen. Machen wir.
16:00 Uhr // Die Jungs spielen mittlerweile mit den Puppen, während die Prinzessin lieber malt. Ich gehe mit Sonnenschein und Krümel ins Spielzimmer, damit sie die Puppen in der Kinderküche bekochen können.
Als der Traummann heimkommt, jagt der Krümel ohne Windel fröhlich durch das Haus der Mama davon, die Zwillinge spielen auf dem Dachboden Gesellschaftsspiele. Manchmal können wir auch idyllisch, wenn auch das quietschende Kind mit dem nackten Popo vielleicht nicht ganz nach Postkartenmotiv aussieht.
16:30 Uhr // Das ändert sich aber schnell, denn ich muss dringend noch eine Rechnung HEUTE schreiben und abschicken, verschwinde also im Büro. Von unten dringen zunehmend eher gemischt bis semi-nicht-so-gut-gelaunte Geräusche zu mir herauf. Man scheint genug von Idylle zu haben. Ist ja auch auf Dauer eher fad so Postkarte.
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17:30 // Von unten klingen Nikolauslieder zu mir herauf und ich beende das Thema Home-Office. Wenn der Traummann so fröhlich-schief singt, dann will ich auch!
Wir kochen essen.
18:00 Uhr // Wir essen und quatschen, putzen im Anschluss noch Schuhe, denn morgen kommt der Nikolaus!
18:40 Uhr // Die Kinder dürfen KiKa gucken.
19:00 Uhr // Der Fernseher ist aus und ich verschwinde im Keller, um die Wäsche aufzuhängen. Der Rest der Familie macht sich nachtfein. Ich suche auch noch die Sachen für die Stiefel der Kinder zusammen.
19:45 Uhr // Nach vier oder fünf Gute-Nacht-Geschichten gehen die Lichter aus und es ist Nachtruhe. Zumindest theoretisch, denn Krümel will nicht schlafen. Ich sitze ausdauernd neben ihm. Und neben ihm. Und neben ihm… er singt “GulliGulliRammsammsamm…”
20:45 Uhr // Krümel schläft endlich. Der Traummann hat drei kleine Präsente eingepackt und übernimmt für mich dankenswerterweise ein wenig Buchhaltung. Ich schreibe diese Zeilen, die Augen sind müde und ich träume schon vom Bett.
Gleich noch die Stiefelchen befüllen und dann GUTE NACHT!
Eure Kerstin