Vorwort:
Heute erkläre ich zum einen den männlichen Lesern das für sie bisher schwerverständliche Phänomen der Frau, die in einem übervollen Kleiderschrank kein tragbares Kleidungsstück finden kann. Und zum anderen bitte ich euch – liebe LeserINNEN – mir als meine virtuelle Selbsthilfegruppe mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Es gibt ja ganz unterschiedliche Menschen auf diesem hübschen Planeten und völlig unterschiedliche Lebenswelten. So gibt es Heidis, die sechs Wochen nach der Entbindung Unterwäsche in schwindelerregenden Highheels auf Laufstegen spazieren tragen. Und es gibt Kerstins, die sechs Wochen nach der Geburt in Joggerbuchse und Birkenstock durch das Haus schluffen. Von hohen Hacken würde ich gerade vor Müdigkeit runterkippen und in Spitze holt man sich derzeit im deutschen Herbst vor der Tür ganz sicher den Tod oder mindestens eine Männer-Grippe.
Trotzdem ist beides wahrscheinlich völlig ok und ich habe hier auch gerade keine Ambitionen irgendwas über diese dusselige Afterbabybody-Debatte zu schreiben. Meine Meinung dürfte bekannt sein und ich halte es auch für (bei erwachsenen Frauen) hoffentlich selbstverständlich, dass man sich nicht Vollzeit-It-Girls-Muttis mit persönlichem Ernährungsberater, Fitnesstrainer, Bodystyler, Make-Up-Artist, Friseur und weiterem Personal als Vorbild nimmt.
Aber sobald die erste Glückshormon-Keule nach der Geburt ein wenig verblasst und man vom Wochenbett in den Alltag katapultiert wird, ist er wieder da:
Mein Frust vor dem Kleiderschrank!
Ich könnte jeden Morgen, wenn ich mich versuche vernünftig anzuziehen, einen Tobsuchtsanfall kriegen. Ich fühle mich unfassbar unwohl in meiner Haut Kleidung. Natürlich ist mein Körper derzeit nicht der gleiche Körper wie vor der Schwangerschaft oder gar vor den Schwangerschaften. Das erwarte ich auch gar nicht.
Ich gehöre zu den Frauen, die ziemlich viel Gewicht in der Schwangerschaft zulegen. Deutlich mehr als die hübschen Ratgeber und Durchschnittswerte so suggerieren. Das liegt an meinem Hang zu Wassereinlagerungen, an dem Bedürfnis meines Körpers sich gegen Hungersnöte zu wappnen und meiner absoluten Freude am Essen während dieser Zeit. Dieses Mal waren es deutlich mehr als 20 kg. Natürlich sind die noch nicht weg!
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Ich habe gleichmäßig am ganzen Körper verteilt noch ordentlich „Babyspeck“ für den Notfall einer massiven Hungersnot in Europa während meiner Stillzeit. Alles an mir ist Dank des Hormon-Cocktails und meiner Sport-Abstinenz weich (böse Zungen würden es wabbelig nennen). Um die Körpermitte trage ich einen mütterlichen Rettungsring. Das ist jetzt nicht zwingend sexy und ich bin da auch nicht gerade verliebt in mein Spiegelbild. Aber ich finde es völlig ok für den Moment.
Aber ich passe so nicht in meine Klamotten! Argh!
Meine Umstandsklamotte ist mir zu weit geworden. Da fehlt der prächtige, pralle Bauch, damit die Hose sitzt und gut aussieht. In meine normale Kleidung könnte ich mich allenfalls mittels Tannenbaumtrichter reinschießen. Dann quillt oben und unten noch ein bisschen Speck raus und ich bin den ganzen Tag damit beschäftigt, dieses zwickende, zwackende, schlechtsitzende Kleidungsstück zurechtzuzupfen. Das nervt! Das ist unbequem wie Hölle! Und das sieht vor allem denkbar unvorteilhaft aus! So fühle ich mich gerade unfassbar unwohl.
Aber welche Alternativen habe ich?
- Einfach die Umstandsklamotte weitertragen, auf Joggerbuchse und Pullover vom Traummann umsteigen ist bequem. Ständig Kartoffelsack-Look ist aber nicht mein Fall.
- Luft anhalten, Rollen ignorieren und sich in die Vor-Schwangerschafts-Kleidung schießen. Das sieht definitiv schlimmer aus als der Sack&Asche-Look und ist zudem noch unbequem.
- Eine neue Garderobe zulegen, die passt. Dazu bin ich einfach zu geizig, um mir jetzt alles zwei Kleidergrößen größer zu kaufen für ungefähr ein halbes Jahr (Nach dem Abstillen der Zwillinge verschwanden damals meine Notreserven von 10 kg ziemlich plötzlich und auch beim Krümel werde ich vermutlich nicht zur Langzeitstillerin.)
- Ganz schnell weiter abnehmen und an meinem Körper arbeiten. Sport und Diät und so. An dieser Stelle schüttle ich mich vor Lachen und werde wahrscheinlich noch bis heute Abend grinsen. Für Sport habe ich keine Zeit (und kein Bock) und für Diät definitiv keine Nerven (und kein Bock).
- Hilft es vielleicht, sich mit einer neuen Frisur abzulenken? Pinke Stoppel auf dem Kopf könnten vielleicht generell einfach jeden vom Rest meines Anblicks ablenken
Also? Hat jemand ne Idee?
Sonst treibe ich den Traummann noch die nächsten fünf Monate täglich mit meinem quengeligen „Ich habe nichts anzuziehen“ vor dem prall gefüllten Kleiderschrank in den Wahnsinn.
Eure Kerstin
P.S.: Falls ihr keinen Rat für mich habt, aber es euch ähnlich gehen sollte, dann freue ich mich umso mehr, wenn ihr meiner Selbsthilfegruppe beitretet. Lasst uns einfach hier gemeinsam in den Kommentaren ein bisschen rumjammern und nöhlen.